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Styrodurbrand

Physik

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Definition


Brennendes Styrodur ist ein Sonderfall von einem Kunststoffbrand.[1] Kunststoffe haben einen hohen Brennwert und können bei ausreichender Sauerstoffzufuhr dauerhaft von alleine brennen. Dabei entstehen oft Ruße und giftige Gase. Der Rückstand ist oft ein schlackeartiger schwarzer Feststoff mit poröser oder obsidianartiger Oberfläche.

Video




Am 30. Mai 2025 wurde ein Pilotversuch zur Verbrennung von Styrodur durchgeführt. Die Idee war es, nachzuweisen, dass der entstehende Restköper schwerer als der Körper am Anfang war. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht.

Theorie


Es gibt den Satz, dass bei einer Verbrennung oder auch bei Rostbildung der brennende oder rostende Gegenstand am Ende mehr wiegt als zum Anfang. Der berühmte französische Chemiker Lavoisier sprach das schon im Jahr 1777 mit folgenden Worten aus:

ZITAT:

"In jeder Verbrennung wird die reine Luft, in der die Verbrennung abläuft, zerstört oder zerlegt. Damit wird das Gewicht des brennenden Körpers größer."[7]

Diese Aussage sollte in einem einfachen Versuch überprüft werden. Als Gegenstand wurde Styrodur gewählt. Dieser Kunststoff ist leicht zu entzünden. Und als als zum Beispiel Papier bildet Styrodur keine bei wenig Wind schon leicht davon fliegende Asche sondern gut aufsammelbare Schlacke. Die Frage war dann, ob wir die vermutete Gewichtszunahme auch durch eine Wägung bestätigen konnten.

Styrodurbrand


Etwa 4,1 Gramm Styrodur wurde mit einem Teppichmesser in kleine Streifen zerlegt. Diese wurden dann auf einen stabilen und dicken Metalldraht aufgespießt. Damit wurden sie über einen Messbecher mit Leitungswasser gehalten. Die sich bildenden Verbrennungsrückstände wurde so von dem Wasser aufgefangen. Unter dem Messbecher wurde zum Schutz des Steinbodens noch ein wertloses Holzbrettchen untergelegt. Das Styrodur wurde dann mit einem Feuerzeug angezündet. Der Abbrand dauerte rund 2 Minuten und 20 Sekunden. Abschließend wurde die Schlacke aufgesammelt und mit einer elektronischen Waage gewogen.

Beobachtungen


  • Masse des Styrodurs vor der Verbrennung: 4,1 Gramm ↗
  • Masse der Schlacke nach der Verbrennung: 3,2 Gramm ↗
  • Einmal angezündet brannte das Styrodur von alleine.
  • Verbranntes Styrodur wurde verfärbte sich schnell schwarz.
  • Bei der Verbrennung gab es immer wieder eine starke Rußbildung.
  • Das verbrannte Styrodur bildet plastische schwarze lange Fäden.
  • Die schwarze Schlacke auf dem Leitungswasser war schwimmfähig.
  • Die schwarze Schlacke war extre stabil, schwer mit einer Zange zu brechen.
  • Im Inneren größerer Schlackestücke war noch weißes unverbranntes Styrodur.
  • Wo die Schlacke Wasserkontakt hatte, wirkte sie glänzend, glasartig wie Obsidian ↗
  • Wo die Schlacke an der Luft abkühlte, war sie porös und ohne Glanz ↗

Fazit


Die erwartete Zunahme des Gewichts des Styrodurs durch eine Verbrennung konnte zumindest nicht für den zurückblei benden Feststoff, die Schlacke festgestellt werden. Im Gegenteil: die Schlacke war zwar wesentlich dichter als das ursprüngliche Styrodur, aber dennoch leichter.

Hypothese


Wenn Lavoisiers Behauptung, dass bei jeder Verbrennung das Gewicht des brennenden Körpers größer wird[7], weiterhin gelten soll, dann muss man folgern, dass damit nicht nur das Gewicht des zurückbleibenden Festkörpers gemeint ist. Vielmehr muss das Gesamtgewicht am Ende auch unsichtbare (Verbrennungsgase?) oder fortgetragene Bestandteile (etwa Ruß) mit beinhalten.

Folgeversuch


In einem weiterführenden Versuch sollen auch die unsichtbaren Produkte der Verbrennung aufgefangen und gewogen werden.[8] Wie man das mit einfachen Mitteln durchführen könnte, ist noch unklar.

Styrodurentzündung über Brennglas?


Am 20. Juni 2025 wurde versucht, eine kleine Styrodurplatte mit einem Brennglas (10 cm Durchmesser, 20 cm Brennweite) zu verändern. Doch ganz gleich wie eng der Brennstrahl im Brennpunkt fokussiert war, änderte sich das Styrodur auf keine sichtbare Weise. Zum Vergleich wurden Holz und Papier so angezündet: diese Stoffe verkohlten sofort. Warum das Styrodur sich überhaupt nicht verändert, bliebt rätselhaft. Siehe auch Brennglas ↗

Styrodurschrumpfung


Eine Styrodurplatte von 6 cm Länge, 2,8 cm Breite, 0,6 cm Dicke und 0,41 g Anfangsmasse wurde dreimal für insgesamt 10 Minuten unter eine 50-Watt Infrarotlampe gelegt. Der Abstand zwischen Lampe und Styrodur lag bei vielleicht 1 bis 3 cm. Mit einem Alkoholthermometer wurde zuvor gemessen, dass unterhalb der Lampe Temperaturen zwischen 90 bis 110 °C entstehen. Als Untergrund wurde eine schwarze Schieferplatte verwendet. Nach bereits einer Minute Bestrahlung zeigte die Styrodurplatte eine deutliche Eindellung an der Oberseite hin zur Lampe. Durch mehrfaches Wenden und Verschieben war die Platte am Ende deutlich geschrumpft und wog dennoch noch gut 0,39 Gramm. Damit hat auch die Dichte deutlich zugenommen.

Quaestiones


  • 1) Warum lässt sich Styrodur auch bei starker Sonneneinstrahlung nicht mit einer Brennlupe verschmoren, verkohlen oder entzünden?

Fußnoten


  • [4] Troitzsch, J. (2015). „Brandverhalten von Kunststoffen“, in: International Plastics Flammability Handbook, 4. Aufl. (Seiten 67 – 102). Carl Hanser Verlag. In diesem Standardwerk wird im Kapitel über Brandursachen und Brandklassen bei Kunststoffen mehrfach der prägnante Begriff „Kunststoffbrand“ verwendet, um deutlich zu machen, wodurch sich Polymerbrände von anderen Brandklassen unterscheiden. Online: URL: https://www.hanserpublications.com/fachbuch/artikel/9781569907627 (Leseprobe)
  • [5] Knetsch, B., et al. (2022). „Abwehrender Brandschutz – Rauchverhalten brennender Kunststoffe“, in: Abwehrender und Anlagentechnischer Brandschutz, S. 25 – 46. Springer Vieweg. Auch in dieser universitären Lehrschrift wird das Brennverhalten von Kunststoffen ausführlich erläutert; bei der Kategorisierung von Brandszenarien erscheint das Stichwort „Kunststoffbrand“ als eigene Unterkategorie. Online: URL: https://elibrary.narr.digital/xibrary/9783816984603
  • [6] VFDB (1964). „Kunststoffe unter Brandeinwirkung – Referate und Diskussionsbeiträge“, in: 2. Internationales Brandschutz-Seminar (VFDB-Schrift Reihe 1), S. 1 – 78. In den Tagungsbeiträgen dieser Konferenzpublikation wird mehrfach der Begriff „Kunststoffbrand“ als Oberbegriff für polymere Brände benutzt, zum Beispiel wenn es um die Klassifizierung von Flammschutzprüfungen geht. Online: URL: https://katalog.bibliothek.kit.edu/bib/734800
  • [7] Der Franzose Lavoisier schrieb über die Verbrennung: "In all combustion, pure air in which the combustion takes place is destroyed or decomposed and the burning body increases in weight exactly in proportion to the quantity of air destroyed or decomposed." In: Memoires de l'Acadamie Royale des Sciences 1777, 592-600.[1] [from Henry Marshall Leicester and Herbert S. Klickstein, A Source Book in Chemistry 1400-1900 (New York: McGraw Hill, 1952). Was Lavoisier im späten 18ten Jahrhundert beschrieb bezeichnet man heute als Oxidation ↗
  • [8] Sehr genaue Methoden werden beschrieben in: Harris, D.C. (1998). Gravimetrie und Verbrennungsanalyse. In: Lehrbuch der Quantitativen Analyse. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10640-1_25