Basiswissen
Viel Regen in wenig Zeit und auch eher selten: so definiert die DIN 4094-3 von 1994 sinngemäß Starkregen. Stark in diesem Sinne für Deutschland wären dann etwa 5 Liter pro Quadratmeter in 5 Minuten oder mehr als 17 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde. Im Juli 2021 fielen in der Stadt Hagen über zwei Tage verteilt katastrophale 250 Liter pro m². Für die Zukunft wird eine Zunahme solcher Ereignisse bis weit über das heute bekannte Maß erwartet[1].
Gefährlich hohe Wasserstände
Dauer ein Starkregen längere Zeit an, aber auch wenn kurz und heftig ist, kann er in Mulden, Senken und sonstigen Vertiefungen den Wasserspiegel sehr schnell ansteigen lassen. Auch ein Überlaufen von Talsperren kann bedrohlich werden, wenn die Bauwerke dafür nicht angemessen ausgelegt sind. Das klassische Beispiel für einzelne Personen sind Unterführungen. Hier besteht die Gefahr, dass man von einem schnell ansteigenden Wasserstand überrascht wird. Es droht ertrinken. Eine Möglichkeit, diese Wirkung von Starkregen abzumildern sind sogenannte Hochwasserpolder ↗
Gefährlich schnelles Wasser
Bei Starkregen, vor allem länger anhaltendem, steigt oft der Wasserstand in Bächen und Flüssen schnell an. Davon geht eine doppelte Gefahr aus. Neben dem höheren Wasserstand kommt jetzt noch oft die stark erhöhte Fließgeschwindigkeit hinzu. Physikalisch bedeutsam ist hier, dass die Bewegungsenergie des Wasser nicht proportional mit der Fließgeschwindigkeit steigt, sondern quadratisch[2]. Wenn ein träge fließender Bach nach einem Starkregen zu einem reißenden Gewässer wird, dann kann sich die Fließgeschwindigkeit ohne Weiteres von zum Beispiel ½ m/s auf 5 m/s erhöhen[3]. Diese Zahlenwerte passen auf die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021. Diese zwanzigfach erhöhte Fließgeschwindigkeit führt zu einer 400fach höheren kinetischen Energie - bei gleichem Volumenstrom vorausgesetzt. Der Volumenstrom blieb aber nicht gleich. Er erhöhte sich von etwa 7 Kubikmeter pro Sekunde auf etwa 1200 Kubikmeter pro Sekunde. Und jeder zusätzliche Kubikmeter hatte eine zumindest rechnerisch um mehr als hundertfach erhöhte kinetische Energie ↗
Gefährliche Wasserstände in Stauseen
Im Jahr 2005 simulierten Wissenschaftler den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass bei einem Starkregen gut 600 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in den Rursee, einen großen Stausee in der nördlichen Eifel, fließen. Es wurde ein Szenario untersucht, bei dem die Staumauer beschädidgt wird und eine tödliche Flutwelle die Rur hinab Richtung Düren wandert[4]. Damals galten 600 m³/s Zufluss als sehr unwahrscheinlich, wurden aber bereits bei der Hochwasserkatastrophe im Jahr 2021 übertroffen[5]. Tatsächlich hielt die Staumauer und eine große Katastrophe blieb aus. Siehe auch Rurtalsperre ↗
Gefährlicher Hagelschlag
In Verbindung mit Gewittern tritt oft auch Hagel auf. Hagelkörner ab 10 Zentimetern Durchmesser gelten als tödlich. Aber schon kleinere Durchmesser können Dächer und zum Beispiel auch Treibhäuser zerstören und enormen Schaden anrichten. Wie groß Hagelkörner werden können ist näher betrachtet im Artikel zur Hagelformel ↗
Niederschlagsintentensität als Maß für Starkregen
Ein gutes Maß dafür wie stark in kurzer Zeit ein Regen, Schnee- oder Hagelfall ist sind die sogenannten Niederschlagsintensitäten ↗
Fußnoten
[1] Filippo Giorgi, Francesca Raffaele, and Erika Coppola: The response of precipitation characteristics to global warming from climate projections. In: Earth System Dynamics. Volume 10, issue 1. ESD, 10, 73–89, 2019. Dort wird im Abstract vor Ereignissen (events) bisher nicht bekannten Ausmaßes (unprecedented magnitude) gewarnt. DOI: https://doi.org/10.5194/esd-10-73-2019
[2] Hans Georg Wunderlich: Einführung in die Geologie, Band I, Exogene Dynamik, Bibliographisches Institut Mannheim/Wien/Zürich, B.I.-Wissenschaftsverlag, Mannheim, 1968, S. 78.
[4] Unter dem Titel "Was ist, wenn der Staudamm bricht?" schreibt der Kölner Stadtanzeiger am 21. Dezember 2005, dass der durchschnittliche Zufluss zum Rursee bis dato bei maximal 385 m³/s gelegen habe. Der Wert wurde bereits im Jahr 2021 überschritten. Online: https://www.ksta.de/redaktion/was-ist-wenn-der-staudamm-bricht-184642
[5] Sina Ruhwedel: Haben die Hochwasser-Schutzmaßnahmen versagt? In: gwf Wasser | Abwasser. Vulkan-Verlag GmbH. Abgerufen am 7. September 2023. Der Artikel geht von einer wachsenden Gefahr von Hochwasserkatastrophen infolge des Klimawandels aus. Es werden detailliert Zahlen zur Hochwasserkatastrophe des Juli 2021 im Zusammenhang mit der Rurtalsperre genannt. Online: https://gwf-wasser.de/branche/haben-die-hochwasser-schutzmassnahmen-versagt