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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Grundumsatz

Physiologie

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Basiswissen


Die Energiemenge, die der menschliche Körper pro Tag bei völliger Ruhe zur Aufrechterhaltung seiner Funktion benötigt, wird als Grundumsatz bezeichnet. Ein ruhender Angler mit etwa 80 kg bräuchte damit pro Tag etwa 8000 Kilojoule Energie. Das entspricht rund dreieinhalb 100-Gramm-Tafeln Vollmilchschokolade.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
60 Jahre alt, 80 kg schwer: pro ruhig verbrachtem Tag etwa 7500 Kilojoule: das entspricht einem halben Hühnerei Energieinhalt pro Stunde. Man sieht einen Angler, wahrscheinlich in Spanien aufgenommen. © Pablo Arias ☛


Grobe Abschätzung


  • Etwa 90 kJ pro Tag und kg Körpermasse
  • Wäre "Heizleistung" von etwa 80 Watt
  • Bei Frauen etwas weniger als bei Männern

Genauere Berechnung


Hier spielen Lebensalter, Geschlecht und Körpermasse eine Rolle: realistisch für ein Kleinkind von 3 Jahren mit 14 kg Gewicht sind zum Beispiel 3300 Joule, für einen 18-jährigen Jungen mit 80 kg gut 8600 Kilojoule. Siehe unter Grundumsatzformeln ↗

Welche Organe verbrauchen die Energie?


Den größten Anteil am Grundumsatz im menschlichen Körper haben Leber und Skelettmuskulatur mit je etwa 26 %, dann folgt das Gehirn mit 18 %[3], das Herz mit 9 % und die Nieren mit 7 %. Die restlichen 14 % entfallen auf den übrigen Organismus. Wie viel Energie in einzelnen Lebensmitteln steckt, die der Körper auch verwerten kann nennt man den physiologischen Brennwert dieser Lebensmittel. Siehe auch physiologische Brennwerte ↗

Wie wird die Wärme abgegeben?


Wenn sich ein Mensch nicht bewegt, dann gibt er letztendlich die gesamte Energie des Grundumsatzes als Wärmeenergie an die Umwelt ab[2]. Das kann auf vier Weisen geschehen: a) wenn man Schweiss auf der Haut verdampft, gibt man darüber Wärmenergie ab. Bei extremem Sport können das bis zu 85 % der produzierten Körperwärme sein. Die zweite Möglichkeit ist b) Strahlungswärme. Bei etwa 20 °C Umgebungstemperatur verliert der Körper gut 65 % seiner Wärme über Strahlung. Die dritte Art ist c) Konduktion, die Wärme wird über direkten Kontakt mit kalten Gegenständen, etwa einem Stein oder mit der Luft abgegeben. Bei 20 °C macht das rund 2 % des Wärmeverlusts aus. Und viertes d) die Konvektion: vorbeiströmende Luft nimmt Wärme vom Körper mit, etwa von einem ein Ventilator[1].

Der Homo erectus und das Feuer


Wie man sieht, benötigt das Gehirn einen doch recht ansehnlichen Teil der Energie des menschlichen Körpers. Zumindest bei Nagetieren und Menschenaffen scheint der tägliche Energiebedarf eines Gehirns linear mit der Anzahl der Neuronen, das heißt der Nervenzellen, anzuwachsen.[3] Und die dafür nötige Energie muss irgendwo her kommen. Wenn in der Evolution des Menschen das Gehirn irgendwann einen großen Sprung nach vorne in der Anzahl der Neuronen gemacht hat, dann muss gleichzeitig auch eine höhere Zufuhr an Energie pro Tag möglich geworden sein.

ZITAT:

Würden wir uns ausschließlich von ungekochtem Essen ernähren, "hätte der Homo sapiens dauerhaft mehr als 9 Stunden pro Tag essen müssen, um sich seien 76 bis 86 Milliarden Neuronen leisten zu können. [...] Diese Beschränkung wurde wahrscheinlich mit dem Wechsel auf gekochtes Essen überwunden."[4]

Erst als der Mensch also seine Nahrung durch den Einsatz von Feuer chemisch so verändern konnte, dass er selbst weniger Energie zum Verdauen der Nahrung benötigte, war mehr Energie für den Betrieb eines neuronen-starken Gehirns übrig.[6] Siehe mehr unter Homo erectus ↗

Fußnoten


  • [1] Adam Husney, Kathleen Romito, William H. Blahd Jr.: Cold Exposure: why the body Loses Heat. In: C. S. Mott Childrens's Hospital. University of Michigan. 2020. Internet.
  • [2] Dass die Wärme, die unser Körper ständig an die Umgebung abgibt, eng mit einer physikalischen Definition von Leben zusammenhängt, betrachtet der Physiker und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger (1887 bis 1961): "Energie ist nicht nur notwendig, um die mechanische Energie unserer Körperbetätigung zu ersetzen, sondern auch die Hitze, die wir beständig an die Umgebung abgeben. Und daß wir Hitze abgeben, ist nicht zufällig, sondern sehr wesentlich. Denn gerade dadurch entledigen wir uns ja der überschüssigen Entropie, die wir bei den physischen Lebensvorgängen ständig erzeugen." In: Erwin Schrödinger: Was ist Leben?: Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987. ISBN: 3-492-11134-3. Dort die Seite 107. Siehe auch Entropie ↗
  • [3] Zum Energiebedarf von Gehirnen: "[...] we have recently shown the total daily metabolic cost of primate and rodent brains is a linear function of their numbers of neurons, regardless of how MBR [brain mass] changes depending on its number of neurons, varying at an average cost of 6 × 10⁻⁹ kcal per neuron, or 6 kCal per billion neurons." In: Fonseca-Azevedo K, Herculano-Houzel S. Metabolic constraint imposes tradeoff between body size and number of brain neurons in human evolution. Proc Natl Acad Sci U S A. 2012 Nov 6;109(45):18571-6. doi: 10.1073/pnas.1206390109. Epub 2012 Oct 22. PMID: 23090991; PMCID: PMC3494886. Online: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3494886
  • [4] Angenommen, unsere Vorfahren hätten nur Rohkost, also kein mit Hitze behandeltes Essen zu sich genommen, dann wäre daraus gefolgt, dass "the putative first hominin species in the human lineage, Australopithecus afarensis, Paranthropus boisei, and Homo habilis, with a predicted 30 to 40 billion neurons, would have had similar feeding requirements of more than 7 h/d if feeding on a raw diet equivalent to that of extant great apes. Homo erectus, with a predicted 62 billion neurons, on the contrary, would have had to spend more than 8 h/d feeding on raw foods; and Homo heidelbergensis, Homo neanderthalensis, and Homo sapiens would have had to spend consistently more than 9 h/d feeding to afford their 76 to 86 billion neurons, longer than extant great apes spend feeding." Kein heute lebender Mensch isst jeden Tag 9 Stunden lang Rohkost, nur um sein Gehirn am Laufen zu halten. Die Lösung lag in der Nutzung des Feuers zur Zubereitung von Essen: "This limitation was probably overcome in Homo erectus with the shift to a cooked diet." In: Fonseca-Azevedo K, Herculano-Houzel S. Metabolic constraint imposes tradeoff between body size and number of brain neurons in human evolution. Proc Natl Acad Sci U S A. 2012 Nov 6;109(45):18571-6. doi: 10.1073/pnas.1206390109. Epub 2012 Oct 22. PMID: 23090991; PMCID: PMC3494886. Online: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3494886
  • [5] Eiderenten verdauen Muscheln mitsamt ihrer Schale in einem sogenannten Kaumagen. Das Zermalmen der Muscheln selbst aber benötigt viel Energie. Unter ungünstigen Bedingungen können Eiderenten mit vollem Magen verhungern. Auch dieses Beispiel zeigt den engen Zusammenhang zwischen biologischen Überlebensstrategien und der effizienten Verwendung von Energie. Siehe mehr unter Eiderente ↗