Elefantenzahnpasta
Lernwerkstatt
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Grundidee|
Video|
Material|
Sicherheit|
Anleitung|
Entsorgung|
Chemie|
Einfluss der Temperatur|
Etymologie|
Ethik|
Fußnoten
Grundidee
Mit einfachen Haushaltsmitteln kann man eine chemische Reaktion starten, die mit Hilfe von Spülmittel sehr schnell eine große Menge Schaum -die Elefantenzahnpasta - erzeugt. Bei der Reaktion entsteht sehr schnell sehr viel Sauerstoff. Dieser schäumt dann das Spülmittel auf. Die hier vorgestellte Variante ist wenig dramatisch[1] und eignet sich als ungefährlicher Tischversuch.
Video
Ein erster Versuch mit geringen Mengen: man sieht deutlich die chemische Reaktion. Aber das Ausmaß und die Heftigkeit sind gut geeignet für einen einfachen Tischversuch.
Material
- 100 ml Wasserstoffperoxid, (H₂O₂) 12 %[2]
- Etwas Spülmittel
- 1 EL Trockenhefe[3]
- 3 EL warmes Wasser [etwa 30 °C][4]
Sicherheit
Für die Sicherheit braucht man Handschuhe, Schutzbrille und eventuell einen alten Anzug. Das Experiment sollte man im Garten oder an einem gut belüfteten Ort durchführen.
Gefahren
- Haut- oder Augenreizung
- Atemwegsreizungen
- Exotherme Reaktion: zu große Mengen oder falsche Konzentrationen könnten Materialien in Brand setzen.
Anleitung
- 1. Trage zuerst Handschuhe und Schutzbrille.
- 2. Stelle den Behälter auf eine abwaschbare Oberfläche.
- 3. Gib 100 ml Wasserstoffperoxid in den Behälter.
- 4. Füge 1–2 Spritzer Spülmittel hinzu und vermische vorsichtig. (Optional: ein paar Tropfen Lebensmittelfarbe zugeben.)
- 5. Löse 1 EL Trockenhefe in 3 EL warmem Wasser auf, rühre gut um und gib die Mischung schnell in den Behälter.
Das Gebräu stieg recht schnell mit vielleicht einigen Zentimetern pro Sekunde im Gefäß nach oben, dürckte sich als Zylinder bis vielleicht zwei Dezimeter über die Gefäßwand, brach ab und erzeugte dann noch einmal solch einen Zylinder. Die Schaumtemperatur während der Expansion wurde gemessen. Sie überstieg nicht 40 °C. Mit diesen Mengen wirkt der Versuch von dem erzeugten Schaumvolumen und der Heftigkeit der Reaktion auch als Tischversuch gut beherrschbar.
Entsorgung
Alle verwendeten Zutaten für das Experiment sind Haushaltsmittel. Zur Entsorgung von Wasserstoffperoxid mit 12 % Konzentration empfiehlt ein Hersteller, kleine Mengen dieser Chemikalie mit viel Wasser über die Kanalisation zu entsorgen.[6]
Chemie
Während der Reaktion zerfällt das Wasserstoffperoxid (2H₂O₂) in Wassermoleküle (H₂O) und Sauerstoffmoleküle (O₂). Üblicherweise verläuft dieser Zerfall sehr langsam ab. Durch sogenannte Katalysatoren wird er aber stark beschleunigt. Ein solcher Katalysator ist das Enzym Katalase aus der Trockenhefe.[7][8][9]
Formel
- 2H₂O₂ -> 2H₂O + O₂
Legende
- H₂O₂ Wasserstoffperoxid ↗
- H₂O Wassermolekül ↗
Wenn diese Reaktion sehr schnell abläuft, dann entsteht aus dem vorher flüssigen Wasserstoffperoxid in kurzer Zeit schnell wie gasförmiger Sauerstoff. Dieses Sauerstoffgas dehnt sich stark aus. Es wird aber von dem Spülmittel daran gehindert in der Flüssigkeit aufzusteigen. So kommt es zur Entstehung von Schaum.
Einfluss der Temperatur
Üblicherweise gilt, dass chemische Reaktion umso schneller ablaufen je wärme die beteiligten Stoffe schon sind.[10] Damit kann man fragen, ob die Reaktion hin zu Elefantenzahnpasta beschleunigt werden kann, indem man das Wasserstoffperoxid und das Wasser mit der Trockenhefe vorher auf eine höhere Temperatur bringt.
TO-DO:
Bei sonst gleichen Bedingungen die Flüssigkeiten vor der Reaktion getrennt auf dieselbe Temperatur bringen und dann erst zusammen rühren. Diese gemeinsame Temperatur in mehreren Einzelversuchen schrittweise um 5 °C erhöhen. Welchen Einfluss hat das auf die Geschwindigkeit der Reaktion?
Bei sonst gleichen Bedingungen die Flüssigkeiten vor der Reaktion getrennt auf dieselbe Temperatur bringen und dann erst zusammen rühren. Diese gemeinsame Temperatur in mehreren Einzelversuchen schrittweise um 5 °C erhöhen. Welchen Einfluss hat das auf die Geschwindigkeit der Reaktion?
Verwendet man Trockenhefe als Katalysator (Beschleuniger) der Reaktion, kommt die gewünschte Wirkung nicht durch die lebenden Zellen der Hefe zustande. Vielmehr ist es das in der Trockenhefe schon ausreichend vorhandene Enzym Katalase, das den Zerfall von Wasserstoffperoxid in Wasser und Sauerstoff beschleunigt. Damit ist es auch ohne Belang, dass die Zellen der Hefe möglicherweise ab etwa 40 °C Temperatur absterben. Wichtig ist, ab welcher Temperatur die Katalase als Protein denaturiert wird, das heißt, nicht mehr wirksam ist. Das Enzym Katalase wird von Lebewesen hergestellt, unterscheidet sich aber von Art zu Art. So haben Katalasen von kalblütigen Tieren einen Temperatur von 15 bis 25 °C für eine maximale Wirkung, die von Säugetieren und Vögeln aber oft über 35 °C.[11][12] Manche Bakterien erzeugen Katalasen die bei 90 °C ihre maximale Wirkung entfalten.[13]
Etymologie
Etymologie meint so viel wie die Herkunft von einem Wort: betrachtet man sich den Versuch, so kommen zwei mögliche Deutungen für das deutsche Wort Elefantenzahnpasta in den Sinn: a) der Schaum drängt nach oben aus einem Becherglas heraus und erzeugt einen organisch geformten Zylinder, der von der Form und Größe der Zahn eines Elefanten sein könnte. Und b) die Menge der Pasta und ihre Farbe wäre als Zahnpasta für Elefanten. Tatsächlich scheint die zweite Bedeutung gemeint zu sein. Klarheit gibt die übliche Bezeichnung des Experiments in anderen Sprachen: elephant's toothpaste (und nicht elephant's tooth paste), dentifrice d’éléphant (französisch), olifantentandpasta (niederländisch), pasta de dientes de elefante (spanisch), pasta de dente de elefante (portugiesisch), слоновья зубная паста (russisch), pasta do zębów dla słonia (polnisch), οδοντόκρεμα ελέφαντα (griechisch) oder fil diş macunu (türkisch).
Ethik
Der Versuch zur Elefantenzahnpasta wird oft mit Hefe durchgeführt. Hefe ist eine Bezeichnung für Lebewesen: die Hefe besteht aus einzelligen Pilzen. Beobachtet man solche Wesen im Mikroskop, kann man oft nicht umhin, ihnen Lebensregungen wie Wille, Angst, Hunger oder Freude zuzuschreiben. Ein Filmemacher berichtete mir einmal persönlich, wie er im Mikroskop beobachtete, wie eine große Amöbe ein einzelliges Pantoffeltierchen umfasst und dann lebend verdaut habe. Der Filmamacher schilderte eindrucksvoll, dass er bei dem Pantoffeltierchen - ein Einzeller - alle Regungen von Angst erkannt hat. Dass auch kleine Lebewesen schon Seelenregungen haben könnten legte bereits im 19ten Jahrhundert Ernst Häckel in einem kleinen Buch dar.[14] Empfinden die Hefe-Zellen Schmerz, wenn sie mit dem hochagressiven Wasserstoffperoxid in Verbindung kommen? Falls ja, sollte man dann auf entsprechende Experimente verzichten? Und wieder falls ja: müsste man dann nicht auch auf Hefeteig verzichten? Es bleibt für mich ein ständiger Stachel, wie eng das eigene Leben und die Grausamkeit gegen anderes Leben untrennbar verknüpft sind. Die Idee, dass man Arten von Lebewesen nicht gleich behandelt sondern ihnen unterschiedliche Wertigkeiten von Rechten zuschreibt bezeichnet man als Speziesismus ↗
Fußnoten
- [1] Der Versuch wurde vorbereitet von Kamal Eminli. Die Anleitung hier geht im Wesentlichen auf Kamals Recherchen zurück.
- [2] 12 % Konzentration ist die Obergrenze für den Kauf von Wasserstoffperoxid im Handel. Das hier gekaufte Flasche stammt aus einem Fachmittelbedarf für Friseure und kostete etwa 8 Euro. Man muss beim Kauf darauf achten, dass die Chemikalie in flüssiger Form verkauft wird. Für den Friseurbedarf gibt es auch gelatinöses Wasserstoffperoxid. Das ist allerdings für den Versuch nicht geeignet, da sich die Gelatine kaum mit dem Hefe-Wasser-Gemisch vermengen würde und so keine schnelle Reaktion zustande käme.
- [3] EL heißt Esslöffel: ein Esslöffel entspricht 15 Millilitern Flüssigkeit oder einem Volumen von 15 Kubikzentimetern. Siehe auch Esslöffel ↗
- [4] Die Temperatur des Wassers ist wichtig für die maximale Aktivität der Hefe. Hefe besteht aus lebenden Wesen, speziell Bakterien. Ab einer Temperatur von 35 bis 40 °C sterben sie ab. Ihre maximale Aktivätat entfalten die Wesen bei einer Temperatur von etwa 25 bis 30 °C.
- [5] Die kanadische Wissenschaftsmuseum Science World aus Vancouver bezeichnet den Versuch auf seiner Internetseite als "elephant's toothpaste". Abgerufen am 3. Oktober 2025. Online: https://www.scienceworld.ca/exhibition/centre-stage
- [6] Zur Entsorgung von reinem Wasserstoffperoxid in 12-%-iger Konzentration schreibt ein Hersteller dieser Chemikalie: "Kann unter Beachtung der örtlichen behördlichen Vorschriften nach Verdünnen mit viel Wasser als Abwasser (Kanalisation, Kläranlage) oder nach Erlaubnis durch die zuständige Behörde nach Verdünnen mit viel Wasser in einen Vorfluter entsorgt werden." In: Sicherheitdatenblatt Online: Sicherheitsdatenblatt der Firma Herrlan aus Alpen: Wasserstoffperoxid 12%. Version Nr. 3.01. Überarbeitet am 03.05.2023. Online: https://www.herrlan-shop.de/share/sdb/sdb_b-710_wasserstoffperoxid_12.pdf
- [7] Wesentlich für den Erfolg ist nicht die Aktivität der lebenden Hefepilzzellen. Wesentlich ist das Enzym Katalase. Dieses Enzym ist von Anfang an in ausreichender Menge in der Trockenhefe enthalten. Das Enzym verliert aber bei Erhitzung seine Wirkung: Boiling the catalase caused it to denature and it resulted in no bubbling in the solution." In: Kevin Powell: BIOLOGY JUNCTION. Test And Quizzes for Biology, Pre-AP, Or AP Biology For Teachers And Students. Abgerufen am 4. Oktober 2025.
- [8] Es gibt einen Sättigungseffekt für die Katalase: ab einer bestimmten zugesetzten Menge hat weiter vorhande Katalase keine beschleunigende Wirkung mehr auf die Reaktion: "Rate of reaction was directly proportional to H(2)O(2) [3 % Konzentration] amount used until point of catalase saturation at 18 0ml." In: Hamamah, A. A., 2005. How Do Substrate Amount, Temperature, pH, Enzyme Amount, and Inhibitor Affect Catalase Activity? California State Science Fair 2005 Project Summary. Project Number: J0406. Retrieved January 18, 2006. Online: https://csef.usc.edu/History/2005/Projects/J0406.pdf
- [9] Bis 60 °C steigende Wirkung: "Rate of reaction was directly proportional to the temperature until catalase denaturation at 60
- [10] Nicht alle chemischen Reaktionen laufen mit höherer Temperatur schneller ab. Ein klassisches Gegenbeispiel ist eben die Katalase, die als Enzym ab 60 °C denaturiert und damit unwirksam wird. Aber für einen weiten Bereich an chemischen Reaktionen gilt: mehr Temperatur bringt höhere Reaktionsgeschwindigkeit. Siehe dazu Arrhenius-Gleichung ↗
- [11] Mitsuda H (1956-07-31). "Studies on Catalase" (PDF). Bulletin of the Institute for Chemical Research, Kyoto University. 34 (4): 165–192. Archived (PDF) from the original on 2022-10-09. Retrieved 27 September 2017.
- [12] Çetinus ŞA, Öztop HN (June 2003). "Immobilization of catalase into chemically crosslinked chitosan beads". Enzyme and Microbial Technology. 32 (7): 889–894. doi:10.1016/S0141-0229(03)00065-6.
- [13] Manche Bakterien produzieren Katalasen, die bei 90 °C ihre maximale Wirkung haben: Amo T, Atomi H, Imanaka T (June 2002). "Unique presence of a manganese catalase in a hyperthermophilic archaeon, Pyrobaculum calidifontis VA1". Journal of Bacteriology. 184 (12): 3305–3312. doi:10.1128/JB.184.12.3305-3312.2002. PMC 135111. PMID 12029047.
- [14] Ernst Haeckel: Zellseelen und Seelenzellen. Vortrag gehalten am 22. März 1878 in der Concordia zu Wien. Als Buch herausgegeben vom Verlag Alfred Krömer im Jahr 1909. Siehe auch Zellseelen und Seelenzellen ↗