Kreuzmodale Aufmerksamkeit
Psychologie
Basiswissen
Als kreuzmodale Aufmerksamkeit (englisch crossmodal attention] umfasst diejenigen kognitiven Prozesse, die es ermöglichen, die Aufmerksamkeit über alle sensorischen Modalitäten hinweg zu koordinieren[1].
Der biologische Nutzen kreuzmodaler Aufmerksamkeit
Man geht durch einen Wald und sieht ein ungewöhnliches Schattenspiel: ein dunkler Schatten scheint sich ständig neben uns her zu bewegen. Könnte das ein gefährliches Tier sein? Das Unterbewusstsein könnte dann die Aufmerskamkeit auf die optischen Sinne richten und fragen: hört man etwas Verdächtiges? Gibt es Rascheln und Knacken im Unterholz, das von einem Raubtier stammen könnte? Informationen aus verschiedenen Denkkategorien und Sinneskanälen miteinander verbinden zu können, hilft, die Umwelt passend einzuschätzen. Sich eine mögliche Umwelt gedanklich aufzubauen nennt man auch Konstruktivismus ↗
Schon Säuglinge verbinden Sinneskanäle
Zeigt man vier Monate alten Säuglingen gleichzeitig zwei unterschiedliche Filme aber nur die Tonspur zu einem der zwei Filme, dann schauen sie länger auf den passenden Film: die Kinder müssen hier eine Verbindung zwischen dem optischen Eindruck und dem akustischen Eindruck hergestellt haben. Eine solche Verbindung der Eindrücke verschiedener Sinneskanäle nennt man in der Entwicklungspsychologie eine kreuzmodale Wahrnehmung[3].
Sprachliche Verbindungen von Sinnenmodalitäten
Fiepsig quietschende Töne bezeichnet man eher als hoch, sonor brummende Töne hingegen als tief: hier wird ein akustisches Empfinden mit der Lage im Raum gedanklich verbunden. Eine solche Verbindung nennt man eine cross-modale Korrespondenz oder auf Deutsch eine kreuzmodale Korrespondenz.
Quaestiones
- 1) Kann es sein, dass Schlaf unter anderem dazu dient, dass Prozesse ablaufen, die gleichzeitig mehrere Denkkanäle beanspruchen, ohne dass störende Einflüsse von außen berücksichtigt werden müssen? Siehe auch Schlaf ↗
Fußnoten
- [1] Aufmerksamkeit, crossmodale. In: Dorsch Lexikon der Psychologie. Hogrefe Verlag. 20., überarb. Aufl. 2021, 2,096 Seiten. ISBN: 9783456861753.
- [2] Daniel Stern: Die Lebenserfahrung des Säuglings. Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 152ff.
- [3] Martin Dornes: Der kompetente Säugling. Die präverbale Entwicklung des Menschen. 11. Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-11263-X, S. 152ff.
- [4] Sarstedt, M., Imschloss, M., Adler, S. (2022). Über das Zusammenspiel verschiedener Sinneseindrücke. In: Multisensorisches Design von Verkaufsumgebungen. Science meets Practice. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38245-2_5
- [5] C. Spence, O. Deroy: How automatic are crossmodal correspondences?. In: Consciousness and cognition. 22, Nr. 1, 2013, S. 245–260. doi:10.1016/j.concog.2012.12.006.
- [6] Charles Spence, Jon Driver (Herausgeber): Crossmodal Space and Crossmodal Attention. Oxford University Press. 2004. ISBN: 9780198524861.