Erdkugel
Faktencheck
Basiswissen
Die Erde ist in etwa eine Kugel, aber nicht ganz: am Äquator ist sie dicker als an den Polen. Auch die Berge und Täler weichen von der Kugelgestalt ab. Auch gibt es auf den Ozeanen Beulen und Senken. Hier stehen kurz einige Fakten sowie ein politisch interessanter Gedanke, wie man die Kugelform der Erde selbst überprüfen könnte.
Die Erdkugel in Zahlen
- Durchmesser am Äquator: 12.756 km Äquatordurchmesser ↗
- Durchmesser von Pol zu Pol: 12.714 km Poldurchmesser ↗
- Umfang am Äquator: 40.075 km Äquatorumfang ↗
- Umfang um die Pole: 39940 km Polumfang ↗
Wie nennt man die wahre Form der Erde?
Die tatsächliche Form der Erde bezeichnet man als Geoid. Der Geoid ist an den beiden Polen abgeflacht und am Äquator etwas dicker. Zusätzlich weist der wahre Erdkörper viele Beulen und Täler auf. Diese sind aber für das bloße Auge nicht zu erkennen. Nur aufwändige Messungen (etwa mit Satelliten) und Computerauswertungen machen das sichtbar. Mehr zur tatsächlichen Form der Erde steht im Artikel Geoid ↗
Seit wann weiß man, dass die Erde in etwa eine Kugel ist?
Spätestens seit der griechischen Antike gingen Astronomen und Mathematiker, zum Beispiel Pythagoras (572 bis 500 v. Chr.) von einer kugeligen Erde aus. Dazu waren aber womöglich nicht Beobachtungen der Anlass, sondern die Idee, dass die Kugel die ideale geometrische Form sei und bei einer vollkommen gelungen Schöpfung die Erde kugelig sein müsse[5, Seite 117]. Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) habe dann die Kugelgestalt der Erde eher physikalisch damit erklärt, dass alle Körper einen ihnen "innewohnenden Zwang" hätten, zum Weltmittelpunkt zu streben. Daraus habe sich letztendlich die Kugelgestalt der Erde ergeben. Aristoteles habe auch Beobachtungstatsachen angeführt, etwa dass sie bei einer Bewegung von Norden nach Süden die Höhe der Gestirne über dem Horizont ändere (das was man heute zum Beispiel die Höhe der Kulmination nennt)[8][5, Seite 117]. Auch habe Aristoteles den Schatten der Erde auf dem Mond als den Schatten einer Kugel gedeutet, was aber heute nicht mehr als eindeutiger Beweis angesehen werden kann, da die beobachtbaren Schattenlinien theoretisch auch von ganz anderen als kugelförmigen Körpern verursacht sein könnten[5, Seite 117]. Aristarchos von Samos (310 bis 230 v. Chr.) ist ein früher Vertreter solcher Ansichten. Eratosthenes berechnete sogar den Erdumfang bis auf eine kleine Abweichung genau. Ptolemäus (etwa 100 bis 160 n. Chr.) argumentierte mit den Zeitunterschieden bei der Beoachtung von Mondfinsternissen, ja nach geographischem Standort auf der Erde.[9] Siehe auch Eratosthenes ↗
Dachte man sich die Erde im Mittelalter flach?
Eher nicht: wissenschaftlich ausgebildete Menschen dachten sich auch im Mittelalter die Erde als Kugel. Ein Beispiel dafür ist der englische Denker Richard Kilvington. In einer Argumentation zur Bewegung der Erde durch den Weltraum denkt er sich die Erde als Kugel[1]. Siehe auch Richard Kilvington[1305 bis 1361] ↗
Kann man die Kugelform der Erde selbst prüfen?
Diese Frage stellte sich am Ende des Jahres 1946 auch der englische Schriftsteller George Orwell[2]. Er überlegte, welche Schlüsse man aus dem Versinken der Schiffe hinter dem Horizont ziehen könnte oder aus dem Schatten der Erde auf dem Mond bei einer Mondfinsternis. Letztendlich, so Orwell, kommt man aber um ungeprüft hingenommenes Wissen von Experten nicht herum. Siehe auch Erdkugel (George Orwell) ↗
Indizien für die Kugelgestalt der Erde
Hier sind einige Indizien für die Kugelgestalt der Erde, die man auch ohne teure Apparate oder aufwändige Messungen als einzelne Person für sich durchführen kann[5, Seite 117]:
- Der Auf- und Untergang der Sonne (oder auch von Sternen oder dem Mond) oder auch Mondfinsternisse[9] erfolgen für verschiedene Orte derselben geographischen Breite zu verschiedenen Zeiten. Siehe auch Sonnenaufgang ↗
- Der Himmel weist für Orte verschiedener geographischer Breite oft völlig verschiedene Sternbilder auf. So kann man den Polarstern etwa von Kapstadt in Südafrika niemals sehen. Und umgekehrt ist das Kreuz des Südens für Beobachter in Mitteleuropa niemals sichtbar. Siehe auch Sternbilder ↗
- Ein Schiff, das von der Küste wegfährt, wird von unten nach oben zunehmend unsichtbar.[10] Es ist vor dem Horizont und dann irgendwann immer mehr hinter dem Horizont ↗
- Der Horizont erweitert sich mit der eigenen Höhe, etwa bei Ersteigen von hohen Dünen an einer Meeersküste. Siehe auch Horizontformel ↗
- Bei einer Mondfinsternis kann man den Schatten der Erde auf dem Mond erkennen. Der Schatten hat stets eine für das Auge fast perfekte Kreisform. Siehe auch Mondfinsternis ↗
- Etwas aufwändiger: teufen Bergleute in einer Entfernung von zum Beispiel 5 Kilometern zwei Schächte senkrecht nach unten ab, bis in eine Tiefe (bergmännisch Teufe) von zum Beispiel 2000 Metern (durchaus realistisch), dann müssten diese zwei Schächte bei einer kugelförmigen Erde nach unten hin auf einen gemeinsamen Punkt zulaufen, sie wären also nicht zueinander parallel. Insbesondere dürfte es keine gerade Verbindungslinie zwischen den zwei tiefsten Punkten geben, die beide Schächte in einem Winkel von 90° verbindet, also senkrecht auf beiden Schächten steht. Genau das trifft so auch zu: die Wirklichkeit passt auf die Annahme einer kugeligen Erde. Siehe dazu auch die Betrachtungen zum Schachtparadoxon ↗
Fußnoten
- [1] Elżbieta Jung (Lodz): Why was Medieval Mechanics Doomed? The Failure to Substitute Mathematical Physics for Aristotelianism. In: Miscellanea Mediaevalia. Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität zu Köln. Herausgegeben von Jan A. Aertsen und Martin Pickavé. Band 31. „Herbst des Mittelalters“? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts. Verlag Walter de Gruyter. 2004. Seite 495 bis 511. ISBN 3-11-018261-0. Seite 502.
- [2] George Orwell: As I Please 67 (Tribune, December 27th, 1946). In: George Orwell. Essays. Everyman Library. 242. Herausgegeben von Alfred A. Knopf. 2002. ISBN: 978-1-85715-242-5. Seite 1150.
- [3] Ein Lexikon aus dem Jahr 1837 stellt einige Argumente für die Kugelform der Erde zusammen: "Erde (die), auf welcher wir leben, ist von der Sonne an gerechnet der dritte Planet und der erste, welchen ein Nebenplanet, der Mond (s.d.), umkreist. Ihr Zeichen ist R, ihre Gestalt dachte man sich in den ältesten Zeiten als eine vom Meere umgebene Scheibe, und erst seit 400 v. Chr. ward von den Gelehrten allgemeiner angenommen, daß sie einer Kugel gleiche, wofür es auch genügende Beweise gibt. Wäre nämlich die Erde eine wagerechte Ebene, so müßte z.B. die Sonne für alle Orte auf derselben, die kleinen Unebenheiten von Berg und Thal abgerechnet, fast gleichzeitig auf- und untergehen; dies geschieht aber bekanntlich an den von uns gegen O. gelegenen Ländern stets früher als in den gegen W. Ferner erblickt man auf der weitesten Ebene, auf dem Meere, von sehr entfernten Gegenständen nur den obern Theil und erst, wenn sie sich uns nähern, wird nach und nach das Übrige sichtbar. Ebenso verliert man von einem sich entfernenden Schiffe anfänglich den untern Theil, der [682] zuerst hinter der Rundung der Erde verschwindet und zuletzt die Spitze der Masten aus den Augen, während man in beiden Fällen, wenn das Meer eine wagerechte Ebene wäre, jeden Gegenstand vollständig so weit erkennen müßte, als unser Auge trägt. Die Seefahrer fanden ferner, wenn sie im Weltmeer beständig gegen W. schifften, daß sie von O. her wieder zu dem Punkte zurückkamen, von dem sie abgereist waren, und bei jeder Mondfinsterniß, die entsteht, wenn die Erde so zwischen Sonne und Mond tritt, daß sie den letztern beschattet, beweist die stets runde Gestalt dieses Schattens, daß er nur von einem kugelförmigen Körper herrühren könne." In: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 682-684. Online: http://www.zeno.org/nid/20000824984
- [4] Weitere Argumente zur Kugelgestalt der Erde aus dem Jahr 1857: "Die Alten hielten die E. für eine Scheibe, die auf unbekannten Unterlagen ruhe, oder auf dem Wasser schwimme; doch lehrte schon Pythagoras 500 vor Chr. die Kugelgestalt der E., nach ihm besonders Eudoxus 384 vor Chr. und Aristoteles, doch erst durch Ptolemäus, 130 nach Chr., wurde dieser Ansicht allgemeine Geltung verschafft. Die Beweise für die Kugelgestalt sind: die stets kreisförmige Begränzung des Horizonts; seine allmälige Erweiterung je höher der Beobachter sich erhebt; das Erscheinen höherer Gegenstände von oben nach unten bei ihrer Annäherung aus der Ferne; das allmälige Höhersteigen der südl. Sterne und Erscheinen neuer über dem Horizonte mit gleichzeitigem Niedersteigen u. Verschwinden der nördl., wenn sich der Beobachter von Norden nach Süden bewegt, und umgekehrt: das frühere Auf- und Untergehen der Gestirne an den östlicher gelegenen Orten; endlich besonders die vielen Erdumseglungen in allen Richtungen. Dagegen gilt der runde Schatten der E. im Mond bei Mondfinsternissen nicht mehr als ein Beweis für die Kugelgestalt, weil jeder Körper, sei er eckig, lang od. rund, bei rascher Drehung einen runden Schatten wird." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 590-591. Online: http://www.zeno.org/nid/20003321401
- [5] Einen historischen Abriss aus Sicht der Wissenschaft gibt Volker Bialas. In: Jürgen Teichmann: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Mit Beiträgen von Volker Bialas und Felix Schmeidler. Herausgegeben vom Deutschen Museum in München, über die Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. 1983. Dort vor allem das Kapitel 4 "Die Erde als Kugel - Rotation und Schwerkraft", Seite 117 bis Seite 164.
- [6] Drei Holzschnitte aus dem Jahr 1610 zeigen a) wie der Mast eines fortfahrenden Schiffes hinter dem Horizont der Erdkugel verschwindet, b) dass etwa eine pyramidenförmige Erde keinen runden Schatten auf den Mond werfen könnte, eine kugelige Erde aber sehr wohl, und c) dass die Erde weder kubisch (terra cubica) sein kann noch eine Hohlerde (terra cava). In: M. Maestiin: Epitome astronomieae. Göppingen 1610. Seite 68, 69 und 70.
- [7] Aus uns heute ganz fremden Begründungen leitete der antike Philosoph Aristoteles (384 bis 324 v. Chr.) die Kugelgestalt der Himmelskörper an sich her: "Was die Gestalt jedes einzelnen Gestirns betrifft, ist es am sinnvollsten anzunehmen, dass sie kugelförmig sind. Da nämlich aufgezeigt worden ist, dass sie ihrer Natur nach nicht in der Lage sind, sich von alleine zu bewegen, und da die Natur nichts ohne vernünftigen Grund oder umsonst tut, ist klar, dass sie I den unbeweglichen (Körpern) diejenige Gestalt verliehen hat, die zur Bewegung am wenigsten geeignet ist. Am wenigsten für die Bewegung geeignet ist aber die Kugel, da sie kein Organ zur Bewegung besitzt. Demnach ist klar, dass die Masse (der Gestirne) kugelförmig ist." In: Aristoteles Werke in deutscher Übersetzung. Begründet von Ernst Grumach. Herausgegeben von Hellmut Flashar. Band 12. I. Teil III Über den Himmel. Übersetzt und Erläutert von Alberto Jori. Akademie Verlag. Berlin. 2009. ISBN: 978-3-05-004303-6. Dort 291 b. Seite 70.
- [8] Aristoteles (384 bis 324 v. Chr.) zur Kugelgestalt der Erde, astronomisch: "Außerdem wird aus dem Anblick der Gestirne nicht nur klar, dass die Erde kugelförmig ist, sondern auch, dass ihre Größe nicht bedeutend ist. Denn wenn wir unseren Standpunkt ein wenig nach Süden oder Norden hin verlagern, dann ändert sich der Horizont merklich, so dass sich die Sterne die sich über unserem Kopf befinden, deutlich verändern und wir nicht dieselben Sterne sehen, wenn wir uns nach Norden oder Süden begeben. Einige Gestirne lassen sich nämlich in Ägypten und auf Zypern beobachten, in den nördlichen Regionen hingegen nicht, und diejenigen Sterne, die im Norden durchgängig sichtbar sind, gehen in den genannten Ländern unter. Aus diesen Beobachtungen folgt offensichtlich nicht nur, dass die Gestalt der Erde die einer Kugel ist, sondern auch, dass es sich um eine nicht sehr große Kugel handelt; denn sonst würden die Folgen einer derart kleinen Ortsverlagerung nicht so schnell sichtbar. Deshalb scheinen die Leute, nach deren Annahme das Gebiet um die Säulen des Herakles an die Gegend um Indien grenzt und es auf diese Weise ein einziges Meer gibt, keine allzu unglaubliche Vermutung anzustellen. Sie führen zur Bekräftigung ihrer Behauptung auch die Elefanten an, deren Gattung in den beiden Randgebieten vorkommt, und sind der Meinung, dass die beiden Randgegenden diese Eigenschaft gemeinsam hätten, weil sie aneinander grenzten. Und die Mathema-tiker, welche versuchen, die Länge des Erdumfanges zu berechnen, sagen, dass diese ungefähr vierhunderttausend Stadien betrage. Auf der Grundlage dieser Beweise ergibt sich nicht nur, dass die Masse der Erde notwendig kugelförmig sein muss, sondern auch, dass (ihr) Umfang im Vergleich zu den anderen Gestirnen nicht groß ist." In: Aristoteles Werke in deutscher Übersetzung. Begründet von Ernst Grumach. Herausgegeben von Hellmut Flashar. Band 12. I. Teil III Über den Himmel. Übersetzt und Erläutert von Alberto Jori. Akademie Verlag. Berlin. 2009. ISBN: 978-3-05-004303-6. Dort 298 a. Seite 83.
- [9] Ptolemäus (etwa 100 bis 160 n. Chr.) leitete die Kugelgestalt der Erde aus den zeitlichen Unterschieden in der Beobachtungen von Mondfinsternissen je nach Position auf der Erde her: "That the earth, too, taken as a whole ,is sensibly spherical can best be grasped from the following considerations. We can see, again, that the sun, moon and other stars do not rise and set simultaneously for everyone on earth, but do so earlier for those more towards the east, later for those towards the west. For we find that the phenomena at eclipses, especially lunar eclipses, which take place at the same time [for all observers], are nevertheless not recorded as occurring at the same hour (that is at an equal distance from noon) by all observers. Rather, the hour recorded by the more easterly observers is always later than that recorded by the more westerly. We find that the differences in the hour are proportional to the distances between the places [of observation]. Hence one can reasonably conclude that the earth’s surface is spherical, because its evenly curving surface (for so it is when considered as a whole) cuts off [the heavenly bodies] for each set of observers in turn in a regular fashion." In: Claudius Ptolemäus: Almagest. Englische Übersetzung Ptolemy's Almagest von G. J. Toomer. Gerald Duckworth & Co. Ltd. London. 1984. Dort im Abschnitt "Sphericity of the earth", Seite 40. Online: https://classicalliberalarts.com/resources/PTOLEMY_ALMAGEST_ENGLISH.pdf
- [10] "… if we sail towards mountains or elevated places from and to any direction whatever, they are observed to increase gradually in size as if rising up from the sea itself in which they had previously lieen submerged: this is due to the curvature of the surface of the water." In: Claudius Ptolemäus: Almagest. Englische Übersetzung Ptolemy's Almagest von G. J. Toomer. Gerald Duckworth & Co. Ltd. London. 1984. Dort im Abschnitt "Sphericity of the earth", Seite 41. Online: https://classicalliberalarts.com/resources/PTOLEMY_ALMAGEST_ENGLISH.pdf