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14-Meter-Pendel

Physik

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Grundidee


Wenn ein Fadenpendel hin und her schwingt, ändert sich ständig die Geschwindigkeit. Mit einem fast 14 Meter langen Pendel und einer sehr geringen Amplitude bei gleichzeitig hoher Periodendauer von etwa 7 Sekunden konnte die Gechwindigkeitsänderung mit der Kamera eines einfachen Handys gefilmt werden. Die Auswertung ergab die theoretisch zu erwartende cosinusartige Positions-Zeit-Beziehung.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Ein fast 14 Meter langes Pendel bewegte sich sehr langsam hin und her. Die mit einfachen Mitteln erfassten Daten ergeben verblüffend gut die erwartete Cosinusform des Graphen für die Ort-Zeit-Funktion.☛


Aufbau


In einem Hausflur wurde vom vierten Stock aus an einem stabilen Faden[1] ein Eisengewicht von 2 Kilogramm angehängt. Die Seillänge wurde nicht direkt gemessen. Das Gewicht wurde dann wenige Millimeterüber dem Boden des Flurs um rund 17 Zentimeter ausgelenkt und konnte dann frei Schwingen. Unter dem Pendel lag ein Maßband mit Zentimeter- und Millimetereinteilung. Mit der Kamera eines Handys wurde der Vorgang mit 120 fps (Bildwiederholrate) gefilmt. Dabei wurde die Kamera von Hand ständig nahe an dem Gewicht mitgeführt, um den Parallaxefehler beim Ablesen der momentanen Positionen des Gewichts über dem Maßband möglichst klein zu halten. Die Zeit wurde über die Auswertung des Films in 0,1-Sekunden Schritten bestimmt.

Fragestellung


Der Versuchsaufbau ist recht simpel und grob. Nachdem das Pendel mit einem schwachen Schubs in Schwingung versetzt wurde, wurden zunächst einfach bestimmbare Werte gemessen:


Aus diesen zwei Angaben wurden dann berechnet:


Rechenweg


Höhe im Umkehrpunkt


Man stelle sich das lange Seil auf einem Blatt Papier gezeichnet nach links ausgelenkt vor. Am oberen Aufhängepunkt zeichnet man dann als gedachte Aufhängung eine horizontale Liinie als fiktive Decke. Vom untersten Ende des Seiles zieht man dann eine Strecke hin zur Decke, die unter einem Winkel von 90° die Decke schneidet. Geometrisch gesprochen fällt man ein Lot vom unteren Endpunkt des Seils auf die Deckenlinie. Man hat dann ein rechtwinkliges Dreieck mit den Ecken: oberes Ende des Seiles (rechts oben), unteres Ende des Seiles (links unten) und Schnittpunkt der Lotlinie mit der Decke (oben rechts). Die Differenz der Länge des Seiles zur Lotlinie ist die Höhe der Kugel über ihrem Ruhepunkt im Moment der Umkehr. Kennt man die Länge der Lotlinie, kann man also auch die gesuchte Höhe berechnen. Der Winkel im unteren Punkt des Dreiecks ist unser schon vorher bestimmte Winkel klein alpha der Amplitude. Die Länge der Lotlinie ist dann die Seillänge l mal dem Cosinus von alpha. Als Term für die gesuchte Höhe h bei maximaler Auslenkung erhält man dann: h = l-l·cos(a) oder anders geschrieben: h = l·(1-cos(a)). Diese zweite Rechnung dann als Kontrollrechnung zur Bestimmung der Höhe nutzen: auch mit dieser zweiten Methode kamen wir auf eine Höhe von 1,07 Millimetern im Umkehrpunkt.

Geschwindigkeit


Bei einem Fadenpendel wird ständig potentielle Höhenenergie in kinetische Bewegungsenergie - und umgekehrt - umgewandelt. Die Geschschwindigkeit des Pendels ist in den Umkehrpunkten am Rand der Schwingungsbewegung kurzzeitig 0 und dann beim Durchgang durch den tiefsten Punkt der Pendelbewegung am größten. Über den Ansatz m·g·h = ½·m·v² kann die maximale Geschwindigkeit des Pendels im tiefsten Punkt der Bewegung ausgerechnet werden.

Formeln

  • m·g·h = ½·m·v² | :m
  • g·h = ½·v² | umstellen nach v
  • v = √(2·g·h)

Einsetzen

  • v = √(2·9,81 m/s² · 0,00107 m)
  • v ≈ 0,145 m/s

Aus dem Ansatz, dass sich die Summe von potentieller und kinetischer Energie während des Pendelns so gut wie nicht verändert, kommt man auf eine Geschwindigkeit von rund 14,5 Zentimetern pro Sekunde für den Durchgang des Gewichts durch den tiefsten Punkt.

Probe


Interessant war nun die Frage, ob die berechnete Maximalgeschwindigkeit von 14,5 cm/s im tiefsten Punkt der Bewegung auch über eine Abschätzung des mit dem Handy gemachten Films bestätigt werden kann. Die Überprüfung theoretischer erhaltener Werte mit Versuchen oder Naturbeobachtungen ist ein wesentliches Merkmal der sogenannten empirischen Wissenschaften.

Ort-Zeit-Funktion


Zunächst wurde eine Zuordnung von Zeiten seit Beginn der Beobachtung zu einzelnen Positionen des Pendels gemacht. Das Pendelgewicht schwang nur wenige Millimeter oberhalb eines auf dem Boden ausgelegten Maßbandes. Damit konnte über die Filmauswertung später recht genau die Position des Pendels in Schritten von 0,1 angegeben werden:

Zeit [s] Position [cm]

0,0 20,0
0,1 20,0
0,2 20,0
0,3 19,8
0,4 19,0
0,5 18,8
0,6 18,4
0,7 17,7
0,8 16,8
0,9 16,0
1,0 15,1
1,1 14,0
1,2 13,0
1,3 11,9
1,4 10,6
1,5 9,2
1,6 7,9
1,7 6,8
1,8 5,7
1,9 3,8
2,0 2,0
2,1 0,7
2,2 -1,0
2,3 -2,0
2,4 -3,7
2,5 -5,0
2,6 -6,5
2,7 -8,0
2,8 -9,0
2,9 -10,1
3,0 -11,0
3,1 -11,8
3,2 -12,5
3,3 -12,8
3,4 -13,0
3,5 -13,2
3,6 -13,3
3,7 -13,2

Diese Werte wurden anschließend graphisch als Funktionsgraph dargestellt. Sie ergaben recht deutlich einen cosinusartigen Verlauf. Größere Ausreißer waren nicht zu erkennen. Das passt sehr gut darauf, dass die Ort-Zeit-Funktion eines harmonischen Osziallators wie eines idealen Fadenpendels von der Form her wahlweise sinus- oder cosinusförmig ist.

Der Durchgang durch den tiefsten Punkt fand etwa zwischen 2,0 und 2,2 Sekunden nach Beobachtungsbeginn statt. Die Ortsänderung war dabei recht genau 3 cm. Das Verhältnis der Orts- zur Zeitänderung bit die Geschwindigkeit, hier also 3 cm geteilt durch 0,2 Sekunden. Das ergibt 15 cm/s, was sehr nahe dem theoretisch berechneten Wert von 14,5 cm/s liegt.

Praktische Tipps


  • Ein Gewicht mit einem spitzen unteren Ende macht das Ablesen der Position leichter.
  • Ein möglichst kleines aber schweres Gewicht verwenden, macht das Seil gerader.
  • Die Kamera auf möglichst hohe Bildwiederholrate einstellen, z. B. 120 oder 240 fps.
  • Die Kamera beim Filmen möglichst senkrecht oberhalb des Gewichts entlang führen, um Parallaxefehler klein zu halten.
  • Ein möglichst dünnes Seil verwenden. Das verringert den Einfluss von Luftbewegungen.
  • Ein möglichst dehnungssteifes Seil verwenden. Das verringert mögliche Schwingungen des Seils entlang seiner Längsrichtung.

Fußnoten