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Johannes Buridan


Scholastiker


Basiswissen


Der Scholasterik und Physiker Johannes Buridan wurde 1300 in Nordfrankreich geboren und gestorben im Jahr 1358 oder kurz danach. Er war ein Schüler des Wilhelm von Ockham. Buridan gilt als Wegbereiter der späteren Naturwissenschaften. Das ist hier kurz vorgestellt.

In welcher Zeit lebte Buridan?


Als Buridan im Jahr 1300 geboren wurden, lagen die Kreuzzüge gegen den Islam (1096 bis 1291) schon einige Jahre zurück, in Norditalien nahm die moderne Geldwirtschaft ihren Anfang. In Städten wie Lübeck, Hamburg oder Danzig beherrschte die Hanse mit ihren Koggen (Schiffstyp) den Handel. Unsere heutigen, arabischen Zahlen waren noch weitgehend unbekannt. Man schrieb und rechnet umständlich mit den römischen Zahlen. Als international verständliche Sprache benutzten Gelehrte das Lateinische. Zu Lebzeiten von Buridan begann dann der blutige Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich (1136 bis 1453, z. B. Jeanne d'Arc), im Jahr 1348 raffte die Pest als Urschock Europas ein Drittel der Menschen dahin. Die Erfindung des Buchdrucks (um 1445), die Kolonisierung Amerikas nach Kolumbus (seit 1492), die französische Revolution (seit 1792) oder der erste Motorflug (1903) lagen von Buridans Zeit aus gesehen noch in weiter Zukunft. Siehe auch Jahrhunderte ↗

Wo stand Buridan in der Ideengeschichte Westeuropas?


Das philosophische Denken Westeuropas lief weitgehend im Rahmen und Umfeld der Kirche ab. Zwar lief das Leben außerhalb der Kirche sehr weltlich und sündhaft ab: man brachte sich in Kriegen um, lebte freizügig und frönte dem Reichtum, doch schien ein großer Teil der Menschen in Angst vor der Hölle, einer Bestrafung nach dem eigenen Tod zu leben. Dem Schriftsteller Terry Jones zufolge gab es im Mittelalter eine Art Arbeitsteilung: die Menschen durften durchaus in Sünde leben, konnte sich aber über Geldgaben, Erbschaften oder sonstige Leistungen von der Kirche die Dienstleistung erkaufen, dass das eigene Seelenheil nach dem Tod gerettet sei[2]. Man kann davon ausgehen, dass die Frage nach dem Seelenheil, nach der eigenen Stellung innerhalb einer göttlich geordneten Welt, für viele Menschen des Mittelalters für großer praktischer Bedeutung war. In der sogenannten Scholastik war das intellektuell-philosophische Denken der damaligen Zeit organisiert. Gelehrte sprachen Latein, waren meist von kirchlichen Einrichtungen ausgebildet und versuchten die Welt als Teil einer göttlichen Ordnung zu verstehen. In der sogenannten Hochscholastik hatte dann der Theologe und Philosoph Thomas von Aquin (1225 bis 1274) versucht, die biblische Überlieferung mit den philosophischen Lehren des Aristoteles und mit der Logik an sich in ein stimmiges Gedankengebäude zu fügen. Dabei wurden umfangreich auch Strömungen islamischer und jüdischer Denker mit aufgenommen. Etwa um 1300, dem Geburtsjahr Buridans, gab es aber zunehmend viele einflussreiche Denker, die innere Widersprüche (Unvorstellbarkeit Gottes) oder Lücken in der Erklärbarkeit (Bewegung von Objekten). Theologen wie Wilhelm von Ockham (1288 bis 1347), ein Lehrer von Buridan, suchten nach alternativen Erklärungen des Weltgeschehens. Sie begannen dabei theologische und weltanschauliche Fragen eher zu vernachlässigen und sich mehr dem zuzuwenden, was man heute als Naturwissenschaften bezeichnet. Das Studium der Natur wurde so zwar von theologischen Fragen befreit. Aber diese Befreiung führte letztendlich auch zur Abkopplung der Frage der Frage, wozu unser Leben im Universum gut ist, welchen Zweck die Natur und ihre Gesetze verfoglen. Siehe zu diesem zeitlichen Rahmen vor allem auch den Artikel zur Scholastik ↗

Inwiefern ist Buridan ein früher Physiker?


Einschlägige Lexika[1] bezeichnen Buridan oft als Physiker. Sein Name wird dann oft mit der sogenannten Impetustheorie in Zusammenhang gebracht. Seit der Zeit von Aristoteles (384 bis 322 vor Christus), von Buridan aus gesehen seit über 1600 Jahren, beschäftigten Denker sich mit der Frage, was die Bewegung von Objekten, etwa Geschossen oder der Planeten am Himmel beeinflusse. Buridan gab dieser Impetustheorie eine mehr oder minder endgültige Form, die fast exakt den modernen Begriff des Impulses vorwegnahm. Buridans Ideen wurden später von vielen Denkern weiter entwickelt (unter anderem auch Galilei, Descartes) entwickelt. Sie flossen letztendlich ein in die berühmten Axiome von Isaac Newton (1662 bis 1727). Siehe mehr zu diesem Aspekt der Geschichte der Wissenschaften unter dem Stichwort Impetustheorie ↗

Fußnoten