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Rheintalsperre


Staudamm


Basisinformation


Wahr oder gelogen? Ende 2020 gab die Europäische Kommission verschiedene Pilotstudien in Auftrag. Im Rahmen des Grünen Deals sollten potentielle Leuchtturmprojekte zur Versorgung Europas mit elektrischer Energie im Grundlastbereich bei gleichzeitig hohen Synergieeffekten bezüglich einer klima-festen Verkehrsinfrastruktur (Klimaanpassung) identifiziert werden. Eine dieser Projektideen war die Aufstauung des Mittelrheingrabens von Bingen bis Bad Honnef (Rolandseck) bei Rheinkilometer 640. Das Projekt wurde im Zuge der zunehmend spürbaren Klimafolgen Mitte 2022 erneut aufgegriffen.

Grundkonzept der Rheintalsperre


China hat rund 2 Millionen Menschen umgesiedelt und mit der Drei-Schluchten-Talsperre damit nicht nur die Hochwasserbedrohung am unteren Jangtsekiang erfolreich beseitigt, sondern auch ein Wasserkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 10 bis 20 Kernkraftwerken erstellt. Wie sähe im Vergleich dazu eine Aufstauung des Mittelrheins von Bingen bis Bad Honnef aus? Das Vorbild ist aus China ist die Drei-Schluchten-Talsperre ↗

Motivation zum Stauen des Rheins


Saisonale Hochwasserepisoden bedrohen Privateigentum entlang des Rheinufers. Können bei Hoch- oder Niedrigwasser die Rheinfähren nicht fahren, ist auch der Pendelverkehr gestört. Hochwasser und längere Trockenperioden schränken die kommerzielle Rheinschifffahrt ein. Eine große Rheintalsperre könnte den Rhein von Bingen bis Bad Honnef wirksam aufstauen. Das so beherrschbare Wasservolumen könnte kontrolliert abgelassen werden und den Wasserstand des nachfolgenden Flusslaufes regulieren. Zudem könnte der Höhenunterschied an der Staumauer zur Erzeugung ökologischen grünen Stroms (Grüner Deal) genutzt werden. Wie verhalten sich hier Nutzen zu den Kosten? Siehe auch Grüner Deal ↗

Geographischer Rahmen rund um den Oberrhein


Das Rheintal von Mainz bis Bonn wird auch als Mittelrhein bezeichnet. Entlang der 130 Flusskilometer wohnen etwa 450 Tausend Menschen. Der Rhein bei Bad Honnef, etwas südlich von Bonn, hat eine topographische Höhen von 50 Metern über Null. Bei Bingen (Bingerbrück) liegt diese Höhe bei 80 Metern über NN. Der Abfluss des Rheins an seiner Mündung bei Rotterdam beträgt im Schnitt etwa 2000 m³/s. Dieser Wert entspricht in etwa auch dem mittleren Durchfluss bei Bad Honnef. In diesem Bereich ist der Rhein beidseitig eng von den steil aufragenden Mittelgebirgen (Eifel, Hunsrück, Westerwald, Taunus) eingefasst. Die Gebirgshänge überragen schnell die angestrebte Stauhöhe von 30 Metern und dienen damit als natürliche Randbegrenzungen des Staubeckens. Siehe auch Rhein ↗

Die Rheintalsperre und mögliche Naturkatastrophen


Rund 11050 Jahre vor Christus erlebte die Gegend um Koblenz eine gigantische Katastrophe, moderne Menschen unserer Art erlebten die Katastrophe mit und wurden wahrscheinlich auch Opfer davon: der Laacher See-Vulkan brach aus. Riesige Mengen Asche regneten auf die Umgebung herab, auch auf den Rhein. Dadurch wurde der Rhein kurzfristig aufgestaut. Als die Staumauer aus Asche brach, wäzlte sich eine todbringende Flutwelle das Rheintal herab. Die Ablagerung davon können Geologen noch heute nachweisen, etwa in der Nähe von Bonn[1]. Geologen können nicht ausschließen, dass der Laache See-Vulkan erneut aktiv wird, mindestens aber größere Erdbeben bewirken könnte. Diese könnten dann auch zu einer ernsthaften Gefahr für die geplante Rheintalsperre werden[2].

Die Staumauer bei Rolandseck/Rheinbreitenbach


Um die Stadt Bad Honnef weitgehend erhalten zu können, bietet sich als Standort für die Staumauer der Bereich südlich des Hauptsiedlungsgebietes an. Eine Mauer vom linksrheinischen Rolandseck bis zum gegenüberliegenden rechtsrheinischen Rheinbreitenbach im Bereich etwas östlich der Linzer Straße könnte Punkte mit knapp über 80 Metern über NN verbinden. Mit einer Mauerkronenlänge von etwa 1900 Metern könnte damit das Stauziel von 30 Metern Höhe erreicht werden.

Mögliche Kraftwerksleistung


Bei einem mittleren Volumenstrom von angenommen 2000 m³/s und einer Höhendifferenz von 30 Metern kann eine Kraftwerksleistung von maximal 600 Megawatt erreicht werden. Im Vergleich: die Drei-Schluchten-Talsperrre ereichte im Jahr 2012 eine durchschnittle elektrische Leistung von 11300 Megawatt oder den fast 20fachen Wert der projektierten Rheintalsperre. Die elektrische Leistung der Rheintalsperre ist damit also vergleichsweise gering. Befürworter weisen aber auf die hohe Versorgungssicherheit im Grundlastbereich hin. Für einen Vergleich von Kraftwerksleistungen siehe auch Wasserkraftwerke ↗

Vorteile



Offene Fragen



2021: kein Interesse


Eine erste Kosten-Nutzen Abschätzung liefert die sogenannte Umsiedlungseffizienz in Watt elektrischer Leistung pro umgesiedelter Person (W/uP). Dieser Wert liegt für das chinesische Großprojekt bei rund 5650 W/uP und für die Rheintalsperre bei 1300 W/uP. Diese vergleichsweise niedrige Umsiedlungseffizienz diente der Europäischen Union Ende 2021 als Argument, das Projekt zunächst nicht weiter zu verfolgen.

2022: neues Interesse?


Im August 2022 erreichte der Rhein historische Tiefstwässerstände. Der Abfluss bei Emmerich sank auf rund 700 m³/s, üblich sind im langen Durchschnitt dort etwa 2000 m³/s. Betroffen war vor allem die Binnenschifffahrt. Deutlich niedrigere Frachtleistungen setzen die ohnehin schon unter Druck stehende deutsche Verkehrsinfrastruktur einem weiteren Stressor aus. Neben der vergleichsweise geringen Stromerzeugung rückte nun die Möglichkeit einer efektiven Regulierung der Flusswasserstände mehr in den Fokus. Das Projekt einer Rheintalsperre wurde im August 2022 erneut als Tischvorlage in mehreren EU-Gremien neu diskutiert. Wie es aus Insiderkreisen heißt, mit erhöhtem Interesse.

Wahr oder gelogen?


Die Niederländer haben um 1930 einen riesigen offenen Meeresbereich - das heutige Ijsselmeer - eingedeicht. Für die rheinischen Braunkohlentagebaue müssen bis 2045 nach jetziger Planung insgesamt 45 Tausend Personen umgesiedelt werden, immerhin ein Zehntel der von einer Rheintalsperre betroffenen Personen. Diese beiden Angaben entsprechen den Tatsachen. Es ist dem Leser überlassen, ob er die hier skizzierte Rheintalsperre für eine reale Projektskizze auf europäische Ebene halten möchte, oder darin eher eine Fiktion sieht.

Anhang: Leistungsberechnung


Hier ist kurz der Gedankengang zur groben Abschätzung der Wasserkraftpotentials der Rheintalsperre skizziert:


Die Höhenenergie E von 2000 Kubikmetern (2 Mio. kg) Wasser, die 30 Meter tief fallen könnten, liegt nach m·g·h bei rund 600 Millionen Joule. In jeder Sekunde mit einem durschnittlichen Abfluss kann also diese Energie als Arbeit in den Turbinen umgesetzt werden. 600 Millionen Joule Energie umgesetzt in einer Sekunde sind eine Leistung von rund 600 Megawatt ↗

Fußnoten