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Relativismus


Philosophie


Definition


Relativ heißt in der Philosophie zunächst ganz allgemein, dass „etwas (Gegenstände, Wertungen , Erkenntnisse) […] hinsichtlich eines bestimmten Gesichtspunktes nur durch Bezugnahme auf etwas anderes bestimmt werden kann.[1]“ Das Wort relativ bezeichnet damit einen Gegensatz zum Wort absolut. Relativismus ist damit eine Position, derzufolge Dinge immer nur relativ zu etwas anderem bestimmt werden können. Dazu stehen hier kurz aufgelistet einige Beispiele.

Relativismus nach Albert Einstein


Bis zum Jahr 1905, der Veröffentlichung von Albert Einsteins Relativitätstheorie, war es für die meisten Physiker offensichtlich, dass ein Objekt einen festen Ort im Raum hat und dass ein Ereignis zu einem festen Zeitpunkt stattfindet. Albert Einstein aber zeigte, dass Ort und Zeitpunkt untrennbar mit dem Bewegungszustand des Beobachters verbunden sind. Diese Verbundenheit ist keine rein messtechnische sondern sie gilt ontologisch, also das wirklich sein betreffend. Orte und Zeitpunkte gelten immer nur relativ zu einem Beobachter. Mehr unter Relativitätstheorie ↗

Relativismus in der Quantenphysik


Es erscheint zunächst einleuchtend, dass der Aufenthaltsort eines Elektrons unabhängi von uns als Beobachter angegeben werden kann. Seit den 1920er Jahren haben jedoch die Ergebnisse physikalischer Experimente zu einem Umdenken gezwungen: die physikalischen Zustände von Objekten können niemals ganz unabhängig vom Beobachter angegeben werden. Ähnlich wie in der Relativitätsheorie ist diese Abhängigkeit keine rein messtechnische sondern wiederum eine ontologische, das heißt, sie betrifft wirklich das Sein der betrachteten Teilchen. Die Eigenschaften eines physikalischen Objektes kann man daher immer nur relativ zum jeweiligen Beobachter bestimmen. Mehr dazu unter Quantenobjekt ↗

Sprache ist relativ zur sozialen Herkunft


Wer Wörter wie Kausalität, Verwerflichkeit, Syllogismus oder Resilienz nicht kennt, kann auch die damit bezeichneten Denkinhalte nur schwer oder gar nicht erfassen. Welche Sprache man sich letztendlich aneignet hängt aber stark vom sozialen Milieu oder der Kultur ab, in der man aufwächst. Wer bildungsfern aufwächst, eignet sich damit eine andere Sprache als Kinder deren Eltern viel Wert auf Bildung legen. Die individuelle Sprache, die jemand entwickelt, ist hier also relativ zum sozialen Mileu, in dem die Person aufwächst. Mehr dazu unter Bernstein-Hypothese ↗

Das Denkvermögen ist relativ zur Sprache


Im Jahr 1948 veröffentlichte der englische Schriftsteller George Orwell seine düstere Dystopie „1984“. Darin wird ein totalitärer Klassen-Staat beschrieben, der die Sprache für seine Unterschichten-Einwohner (die „Plebs“) so drastisch reduziert hatte, dass oppositionelles Denken schon im Ansatz unmöglich wird. In der Soziologie interessant ist die Idee, dass es eine Art Unterschichten- und eine Art Bildungssprache geben könnte und dass die reduzierte („restringierte“) Sprache der Unterschicht auch bestimmte Denkinhalte unerreichbar macht. Relativ ist hier die intellektuelle Reichweite einzelner Personen. Sie kann immer nur relativ zur verwendeten Sprache bestimmt werden, so die Hypothese. Lies mehr dazu unter Sapir-Whorf-Hypothese ↗

Die Welt existiert nur relativ zum Individuum


Der Theologie George Berkeley (1685 bis 1753) formulierte eine radikale Version eines ontologischen Relativismus. Mit der Formel esse est percipi - Sein ist Wahrgenommensein - behauptete er, dass jegliche Dinge nur in unserer Vorstellung existieren. Reale Außenobjekte, so Berkeley, gäbe es nicht. Siehe auch esse est percipi ↗

Fußnoten