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Quantenobjekt


Physik


Definition


Als Quantenobjekt bezeichnet man Dinge, die sich weder ganz als klassisches Teilchen noch ganz als klassische Welle deuteten lassen, dennoch aber Eigenschaften beider dieser Modelle zeigen[6]. Darüberhinaus zeigen Quantenobjekte aber auch Eigenschaften, die weder klassischen Teilchen noch klassisch gedachten Wellen zu kommen.

Quantenobjekte sind teilchenartig


Photonen, Elektronen, Neutronen und große Moleküle können Quantenobjekte sein. Gleichzeitig zeigen sie aber viele Eigenschaften, die typischerweise mit Teilchen verbunden sind. Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) wies immer wieder darauf hin, dass jeder Messvorgang solche Objekte immer nur an bestimmten eng definierten Orten registriert[11]. Das war für ihn der sichersten Beleg für den Teilchencharakter, ganz unabhängig davon, ob ein solches Teilchen zusätzlich auch noch eine Ausdehnung oder Masse hat. Siehe dazu vor allem den Artikel zum Licht als Teilchen ↗

Quantenobjekte sind wellenartig


Schon im 17ten Jahrhundert spekulierten Naturforscher wie Francesco Maria Grimaldi (1618 bis 1663)[12] oder Christiaan Huygens (1629 bis 1695)[13], dass Licht etwas Wellenartiges sein könnte. Der Anlass dafür war der Effekt der Beugung, die Beobachtung, dass Licht sich in Bereich hineinbewegt, in die es nach den Regeln der Strahlenoptik (nur gerade Ausbreigung) eigentlich nicht gelangen dürfte. Hält man zum Beispiel einen dünnen Stift in einen dünnen Strahl Licht, so erscheinen helle Flecken, wo eigentlich Schatten sein müsste. Dasselbe beobachtet man aber auch bei Wasserwellen: eine Welle, die auf einen Pfahl im Wasser zuläuft, ist direkt hinter dem Pfahl ebenso hoch wie davor. Ein Pfahl im Wasser scheint Wellen nicht abzuschatten. Im Umkehrschluss folgerte man dann, dass Licht auch wellenartig sein könnte und modellierte das Licht als Welle ↗

Quantenobjekte können nicht-lokal sein


Lokalität, auch Nahwirkung genannt, steht in der Physik für die Vorstellung, dass Kräfte oder andere physikalische Größen nur bei einem direkten räumlichen Kontakt von beteiligten Objekten ausgetauscht werden. Das typische Beispiel ist der Austausch von Impulsen bei Billardkugeln. Die gegenteilige Vorstellung nennt man entsprechend Fernwirkung oder Nichtlokalität. Nichtlokalität kann dabei heißen, dass Wirkungen ohne direkte Berührung im Raum übertragen werden (die klassische Fernwirkung) oder dass man annimmt, dass ein Objekt gleichzeitig an mehreren Orten im Raum präsent oder wirksam ist. Vor allem diese zweite Bedeutung verbindet man mit Quantenobjekten. So wird das Doppelspaltexperiment oft so gedeutet, als ginge das Objekte (Photon, Elektron, Neutron etc.) gleichzeitig durch beide Spalten oder es wisse zumindest, wo die Spalten sind. Siehe mehr unter Nichtlokalität ↗

Quantenobjekte sind a-kausal, nur Wahrscheinlichkeiten


Hat ein Neutron in einem Doppelspaltexperiment einen Neutronquelle verlassen, so gibt es keine Ursache, keinen Grund oder sonstetwas, was vorherbestimmt, ob das Neutron jenseits der Spalten in einem bestimmten Detektor ankommt oder nicht. Jedes einzelne Neutron als Quantenobjekt verhält sich streng zufällig. Dieser Verlust der engen Beziehung von Ursachen zu Wirkungen, der Verlust der Kausalität, ist eine der wesentlichen Eigenschaften von Quantenobjekten. Diese a-Kausalität oder Indeterminiertheit[5] führt dazu, dass die Gesetze der Quantenphysik durchweg Wahrscheinlichkeitsgesetze sind. Siehe dazu auch Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation ↗

Quantenobjekte und der Verlust der Objektiviät


Objektivität oder Objektivisimus im Sinne der Physik heißt dass die Objekte der Physik und ihre Eigenschaften unabhängig von Beobachtern existieren. Wenn man etwa den Mond betrachtet, nimmt man an, dass sein Durchmesser und seine Masse objektiv existieren und nicht etwa davon abhängen, wer gerade auf den Mond blickt, unter welchem Winkel oder in welcher Gemütslage. Der Monddurchmesser wäre nicht objektiv, sondern subjektiv, wenn er zum Beispiel dann real größer ist, je mehr Personen ihn gerade betrachten. Dass aber die Eigenschaften der Quantenobjekte untrennbar mit der Art, wie man sie betrachet, verbunden sind ist eine weitere Grundeigenschaft der Quantenphysik. Das klassische Beispiel dazu ist das Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon ↗

Sind Quantenobjekte real?


Quantenphysikalische Experimente produzieren Versuchsergebnisse, die man zunächst als Messwerte auf Anzeigen oder als Zeigerausschläge und ähnliches sieht. Die Dinge, die diese Messergebnisse bewirken sieht man in der Regel nicht. Man kann ein Photon, ein kleines Atom oder ein fliegende Proton nicht sehen. Unsere Vorstellung hat aber das Bedürfnis den beobachteten Messeffekten ein Objekt im Sinne eines klassischen Stückes Materie als Ursache zu unterstellen. Diese unterstellten, also zunächst nur angenommen Objekte sind die Quantenobjekte. Quantenobjekte sind damit zunächst nur eine modellhafte Annahme, ein Denkbild. Ob sie real auch existieren ist eine offene und schwer zu klärende Frage.

Existieren Quantenobjekte? Das Doppelspaltexperiment


Das sogenannte Doppelspaltexperiment ist das klassische Experiment zur Diskussion von Quantenobjekten. In einer Variante schießt man zum Beispiel Elektronen auf eine Wand mit zwei Öffnungen. Auf der gegenüberliegende Seite der Wand treffen dann manche der Elektronen auf einen Leuchtschirm, wo sie einen Lichtfleck erzeugen. Dieser Lichtfleck ist nicht das Elektron sondern nur eine Wirkung des angenommenen Elektrons. Die Versuchsergebnisse sind nun so, dass keine Möglichkeit besteht, sich das Elektron als ein klassisches Teilchen vorzustellen, das von der Kanone durch eine der Öffnung bis zum Schirm fliegt. Man muss vielmehr annehmen, dass das Elektron entweder gar nicht geflogen ist, durch beide Öffnungen gleichzeitig ging, irgendwoher den gesamten Experimentaufbau kennt (Holismus) oder auf geschwungen Linien mit Überlichtgeschwindigkeit fliegt. Möchte man trotz dieser interpretatorischen Vorstellungen am Denkbild eines realen Elektrons festhalten, so macht man es gedanklich zu eine Quantenobjekt. Man muss sich dabei aber immer bewusst halten, dass ein so gedachtes Objekt sich jeder klassischen Vorstellung von Teilchen entzieht. Man versucht sich also ein klassisches Teilchen vorzustellen, dass klassisch gar nicht existieren kann. Diesen Widerspruch muss man sich bewusst halten. Siehe mehr dazu unter Doppelspaltexperiment ↗

Quantenobjekte können groß sein


Quantenobjekte können klein und ohne Ruhemasse sein wie etwa ein Photon[7]. Aber auch schwere Objekte mit einer eindeutigen Masse wie etwa Elektronen[8], Neutronen[9] oder sogar Moleküle aus über 2000 Atomen[10] zeigen in einem Doppelspaltexperiment Interferenz und gelten damit als Quantenobjekte. Man bezeichnet die Teilchen mit echter Ruhemasse in diesem Zusammenhang auch als eine Materiewelle. Das klassische Beispiel für solche Quantenobjekte mit messbarer Masse ist das Doppelspaltexperiment mit Elektronen ↗

Verschränkung: sind Quantenobjekte real?


Man kann experimentell Paare von Teilchen erzeugen, die sich dann über eine längere Zeit hinweg voneinander entfernen. So ließ der österreichische Physiker Anton Zeilinger Paare von Photonen entstehen, die nach ihrer Erzeugung in entgegengesetzter Richtung in einen Tunnel geleitet wurden. Nach einiger Zeit konnte man dann an beiden Teilchen jeweils eine von zwei Eigenschaften messen. Sinnbildlich gesprochen könnte man zum Beispiel Farbe oder Form jedes einzelnen Teilchens messen. Je nachdem welche Kombination von Messungen man auswählt, kommt man aber an dem Ende zum Ergebnis, dass die gewählte Messung rückwirkend beeinflusst haben muss, ob die Teilchen kugelig oder eckig, rot oder grün waren. Der Versuch ist ausführlich in eine Buch[1] von Anton Zeilinger erklärt. Quantenobjekte wie Photonen scheinen ihre Ausprägung also entweder an zukünftigen Messereignissen auszurichten oder aber sie haben noch keine festgelegte Existenz bis zu dem Moment, in dem sie gemessen werden[3]. Lies mehr dazu unter Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon ↗

Wann betrachtet man ein Objekt als Quantenobjekt?


Generell gilt: man kann jedem Objekt, vom Elektron über Bakterien und Menschen bis hin zu Himmelskörpern, über die sogenannte de-Broglie-Wellenlänge rein rechnerisch eine Wellenlänge zuordnen. Man kann grob sagen: je leichter und je langsamer das Objekt ist, desto größer wird die Wellenlänge. Und je größer die Wellenlänge ist, desto eher verhält sich das Objekt wie ein Quant. Die größten Objekte mit nachweisbarem Quantenverhalten sind große Moleküle[10]. Alles was man mit dem bloßen Auge sehen kann oder mit den Fingern spüren kann, wird damit definitiv nicht als Quantenobjekt betrachtet. Das wesentliche Kriterium liefert also die de-Broglie-Wellenlänge ↗

Quantenobjekte als Kantsches "Ding an sich"


Der Philosoph Immanuel Kant beschäftige sich im 18ten Jahrhundert mit der Frage, ob wir als Menschen gesicherte Erkenntnis über die Welt erlangen können. Bezüglich der materiellen Gegenstände der Welt, der Objekte also, kam er zu dem Schluss, dass wir deren wahre Gestalt und Eigenschaften niemals direkt wahrnehmen können. In seiner Sprache war ein solches Objekt ein Ding an sich ↗

Quantenobjekte und die Außenwelthypothese


Der Physiker Ernst Mach hatte seine Hauptschaffenszeit vor dem Anbruch der Zeit der Quantenphysik. Er war aber Lehrer und Inspirator vieler späterer Quantenphysiker. Mach hatte mehrere Probleme mit dem Begriff der Materie herausgearbeitet, Probleme der Art, wie sie die spätere Quantenphysik auch bekommen sollte. Um solche Probleme zu umgehen schlug Mach vor, in der Physik auf die Annahme einer für sich existierende materiellen Außenwelt zu verzichten. Die Idee, dass es eine existierende materielle Welt an sich außerhalb unseres Bewusstseins gebe war für ihn nur eine Hilfsannahme. Er nannte diese Hilfsannahme die Außenwelthypothese ↗

Unbestimmtheit ist kein Mangel in der Messtechnik


Der Quantenphysiker Carl Friedrich von Weizsäcker schrieb: "Man hat gelegentlich die Unbestimmtheit von Zustandsgrößen in Zusammenhang gebracht mit der Störung des Objektes durch den Beobachtungsakt. Diese Ausdrucksweise ist mißverständlich. Denn sie erweckt den Eindruck, als habe das Objekt, ehe es beobachtet wird, gewisse Eigenschaften, die nur durch den Beobachtungsakt zerstört würden."

Fußnoten