Polonium
Ein radioaktives Element
Basiswissen
Polonium ist ein sehr seltenes chemisches Element, das in der Natur zusammen mit Uran und Blei auftritt; das Metall entsteht als radioaktives Zwischenprodukt bei den Zerfällen von Uran und Thorium. Da die Isolierung zum Beispiel aus der uranhaltigen Pechblende sehr aufwendig und teuer ist, gewinnt man gewünschte Polonium-Isotope (z. B. Po-210) in Kernreaktoren durch Neutronenbeschuss von Bismut-209.
Giftigkeit
In der Öffentlichkeit wurde Polonium als mutmaßliches Gift in dem einen oder anderen prominenten Mordfall bekannt. Tatsächlich ist das radioaktive Schwermetall eines der stärksten bekannten Gifte, tausende Male wirksamer als das ebenfalls sehr wirksame Cyanid. Die Giftwirkung beruht auf der Strahlung des Poloniums.
Entdeckung
Madame Curie untersuchte um das Jahr 1900 verschiedene radioaktive Substanzen. Sie beobachtete dabei, dass viele dieser Substanzen von sich auch viel Wärme produzieren. Die Wärme entweicht zwar langsam und mit abnehmender Intensität. 1906 hatte sie die Halbwertszeit von Polonium zu 140 Tagen bestimmt[3]. Eine Rechnung zeigte aber, wie viel Energie in den radioaktiven Substanzen stecken muss. Gelänge es, die Energie auf einen Schlag heraus zu holen, hätte man eine gewaltige Bombe - die Idee der Atombombe war in die Welt gesetzt. Mehr dazu unter Poloniumbombe ↗
Radioaktivität
Polonium existiert in einigen wenigen durchweg instabilen Isotopen mit kurzen Halbwertszeiten. Das häufigste Isotop ist Polonium 210. Es entsteht durch den radioaktiven Zerall aus natürlichem Uran 238. Ein Gramm Polonium sendet in jeder Sekunde etwa 185 mal 10 hoch 9 Alphateilchen aus. Aufgrund der geringen Halbwertszeiten zerfällt Polonium 210 durch Aussendung eines Alphateilchens sehr schnell zum stabilen Blei 206. Daher lassen sich keine größeren Mengen von dem seltenen Stoff ansammeln. Chemische Untersuchungen finden deshalb im Umfang von wenigen Milligramm statt. Polonium ist extrem giftig.
Energieinhalt
Ein Gramm Polonium 210 erzeugt rund 140 Watt Wärmeleistung. Das sind 140 Wärmenergie in jeder Sekunde. Die Halbwertszeit beträgt 138,39 Tage. Hieraus kann man mit Hilfe der Integralrechnung die potentielle Sprengkraft einer "Polonium-Bombe" ermitteln (den Gesamtinhalt an Wärmeenergie). Ein Gramm Polonium hat einen Energieinhalt von über 2 Milliarden Joule. Zum Vergleich siehe auch Energiemengen ↗
Fiktion
1913 schrieb der Science Fiction Pionier H. G. Wells einen Roman, in dem zum ersten Mal die konkrete Idee einer Atombombe beschrieben wurde. Der Roman heißt The World Set Free [A Story of Mankind] ↗
Polonium in Zahlen
- Dichte: 9,2 Gramm pro Kubikzentimeter
- Halbwertszeit Po 210: 138,39 Tage[3]
- Atommasse: 209,98 u
- Siehe auch Polonium Datenblatt ↗
Fußnoten
- [1] Polonium in einem Lexikon aus dem Jahr 1908: "Polonĭum, ein in Pechblende enthaltenes Metall, das aus Wismutpoloniumlösung durch Eintauchen von Wismut als äußerst aktive Schicht (4 mg aus 2000 kg Pechblende) erhalten wird; es ist ähnlich dem Wismut. Vgl. Radioaktivität." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 118. Online: http://www.zeno.org/nid/20007270593
- [2] Polonium in einem Lexikon aus dem Jahr 1911: "Polonĭum, vom Ehepaar Curie 1898 im Uranpecherz aufgefundenes, stark radioaktives chem. Element. Seine Existenz ist neuerdings wieder zweifelhaft geworden." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 430. Online: http://www.zeno.org/nid/20001455737
- [3] Zerfall als Exponentialfunktion mit Halbwertszeit von 140 Tagen. In: Marie Curie: Sur la diminution de la radioactivité du polonium avec le temps. In: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des sciences. Band 142, S. 273–276, 1906. Curie modelliert die Intensität (intensite du rayonnement) als Funktion der Zeit: I=I₀e⁻ᵃᵗ. Sie erklärt dazu: "Si t est exprimé en jours,on a a = o,oo4g5; d'après cette relation l'intensité du rayonnementdiminue de la moitié de sa valeur en un temps égal à 14o jours." Ihren Fehler schätzt sie ab mit: "Les écarts entre cette loi et les mesures ne dépassent pas 3 pour 1oo."
- [4] Zur Zeit von Marie Curie hatte auch ein Willy Marckwald ähnliche Untersuchungen an einer Substanz gemacht, die er zuerst im Jahr 1902 chemisch isolieren konnte und Radiotellur nannte. Das Ehepaar Curie setzte es mit ihrem Polonium gleich und beanspruchte für sich das Recht der Namensgebung: "Le polonium et le radiotelluresont donc bien une seule et même substance, et c'est évidemment le nom de poloniumqui doit être employé, le polonium étant non seulement bien antérieurau radiotellure,mais étant même la première substance fortement radioactivedécouverte par M. Curie et moi au moyen d'uneméthode de recherches nouvelle". In: Marie Curie: Sur la diminution de la radioactivité du polonium avec le temps. In: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des sciences. Band 142, S. 273–276, 1906. Dort die Seite 276.