Makrokosmos
Physik
Basiswissen
Als Makrokosmos bezeichnet man die Welt als Ganzes gesehen, das Universum oder den Kosmos. Das Wort Makrokosmos weckt die Idee eines Mikrokosmos, den Bausteinen aus denen der Makrokosmos zusammengesetzt. In der Alchemie und verschiedene anderen theoretischen Ansätzen einer Welterklärung unterstellte man, dass Mikro- und Makrkosmos grundsätzlich wesensgleich aufgebaut sind. Das ist hier kurz aus Sicht der modernen Physik erklärt.
Mikrokosmos gleich Makrokosmos?
Atome als kleine Sonnensysteme: in der Mitte ist der Atomkern, er entspricht der Sonne. Darum bewegen sich auf kreisähnlichen Bahnen die Planeten oder Elektronen. Die Idee, dass sich Phänomene und Eigenschaften der Welt im Großen auch in kleinen Strukturen wiederfinden war ein Leitgedanke, der in verschiedenen Formen die Welt als harmonisches Ganzes zu erklären versuchte, bis hin in die Politik und den Alltag.
Der antike Atomgedanke als Beispiel
Bereits im sechsten Jahrhundert vor Christus entstand im antiken Griechenland, dass die gesamte Welt aus kleinsten Bausteinen, den Atomen, aufgebaut sein könnte. Man wies den Atomen dabei ausschließlich stoffliche Eigenschaften zu, die man auch makroskopischen Körpern, etwa Kugeln, zuweisen konnte: sie haben eine Form, sie sind fest, können sich gegenseitig nicht durchdringen und so weiter. Die Welt, die wir dann mit den Augen sehen ist grundsätzlich nichts anderes als ein Spiel dieser kleinsten Bauteilchen, die aber außer ihrer Kleinheit und ihrer Unteilbarkeit keinen Unterschied zu großen Objekten haben. Lies mehr dazu unter Atomon ↗
Die Scala naturae
Bis weit ins 19te Jahrhundert waren Bilder populär in denen es eine Art Rangordnung der Erscheinungen gab: von der niedersten Pflanze über Tiere, Menschen, Engel bis hin zu Gott war die Welt aufgeteilt vom Niederen zum Höheren. Das Höhere war dann der Makrokosmos. Siehe auch Scala naturae ↗
Fraktale Geometrie als Beispiel
Fraktale sind gedanklich vorgestellte oder mit Computern erzeugte Bilder, in die man sich mit immer größeren Vergrößerungen immer tiefer hineinbegeben kann. Doch ganz gleich wie tief man sich in so ein Bild hineinvergrößert, immer wieder erscheinen dieselben oder sehr ähnliche Strukturen wie auf den makroskopischen Ebenen. Fraktale versinnbildlichen damit in idealer Weise das Denkprinzip Mikrokosmos gleich Makrokosmos. Siehe auch Fraktal ↗
Der Schock der Quantenphysik
Bis zum Ende des 19ten Jahrhunderts versuchte man sich auch die mikroskopisch und submikroskopisch kleinen Dinge wie Atome und Elektronen im antiken Sinne mit ähnlichen Eigenschaften vorzustellen, wie sie auch große Körper haben. Thomsons Atommodell aus der Zeit um 1900 sah die Elektronen als kleine Kügelchen, die sich im Atom bewegen. Doch bereits nur zwangzig Jahre später, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, wurde deutlich, dass sich die Teilchen im Kleinen gänzlich anders Verhalten als makroskopische Objekte. Albert Einstein sprach von einem spukhaften Verhalten der kleinen Teilchen. Die Formel Mikrokosmos gleich Makrokosmos konnte unmögich aufrechterhalten werden. Bis heute gilt das Wesen der Quantenteilchen als unbegreifbar und im Widerstreit mit jeder intuitiven Vorstellung von Materie. Siehe dazu Zeilingers Kant-Forderung ↗
Emergenz als Bruchlinie
Emergenz nennt man das Auftreten von Phänomen einer makroskopischen Betrachtungsebene, die sich nicht aus den Eigenschaften der Bauteile erklärt lässt. Das klassische Beispiel hierfür ist Bewusstsein. Obwohl es Indizien dafür gibt, dass Materie und Bewusstsein untrennbar verbunden sein könnten (Einstein-Rosen-Podolsky-Paradoxon), weisen Physiker heute keinen der angenommen Bauteile der Welt Bewusstsein zu: Elektronen, Photonen, Protonen und so weiter gelten als unbewusste und tote Materie. Gleichzeitig beobachtet man, dass Menschen zwar ganz aus diesen Bauteilen aufgebaut sind, plötzlich aber Bewusstsein haben. Aus keiner physikalischen Theorie kann Bewusstsein vorhergesagt werden, es emergiert, erscheint von alleine, in Verbindung mit einer bestimmten Organisationsform von Materie. Lies mehr unter Emergenz ↗
Kosmologie als Wissenschaft des Makrokosmos
Mit der zeitlichen Entwicklung der gesamten Welt beschäftigt sich die Kosmologie. Während sich die Astronomie mehr auf eine Beschreibung der heute sichtbaren Dinge beschränkt, entwickelt man in der Kosmologie Theorien über das Entstehen, Werden und Vergehen unserer Welt als Ganzer. Siehe auch Kosmologie ↗
Fußnoten
- [1] Kausalität nur im Makrokosmos zu beobachten. 94. Vorlesung. In: Franz Serafin Exner: Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke, Wien 1919, OBV.
- [2] Der Makrokosmos als harmonisch eingerichtete Welt: Andreas Cellarius: Harmonia macrocosmica seu atlas universalis et novus. Amsterdam: Johannes Janssonius, 1661; Reprint des Exemplars der Landesbibliothek Darmstadt, hrsg. und komm. von Jürgen Hamel. Berlin 2006. Im Vorwort schreibt Cellarius: "Die Harmonie der großen Welt oder allgemeiner und neuer Atlas darstellend die allgemeine und neue Kosmographie des gesamten erschaffenen Universums In welchem die harmonische Verbindung aller Weltkreise nach den widerstreitenden Meinungen verschiedener Autoren auch die Himmelsbeschreibung oder der ganze Himmelskreis die Theorie der Planeten und der Erdkugel in der Ebene und in szenischer Darstellung sowie in neuen Beschreibungen vor Augen gestellt werden." Siehe auch Weltharmonie ↗