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Große Sauerstoffkatastrophe


Geologie


Basiswissen


Vor rund 2,4 Milliarden Jahren - die Erde ist schon etwa 2,1 Milliarden Jahre alt - reicherte sich erstmal freier Sauerstoff in flachen Gewässern und der Atmosphäre an. Das hatte katastrophale Folgen für die damalige Lebewelt, die vor allem aus bakterienähnlichen Einzellern bestand. Freier Sauerstoff war damals ein Gift. Man spricht heute vom Great Oxygenization Event (GOE) oder auf deutsch von der Großen Sauerstoffkatastrophe. Dazu hier einige Hintergrundinformationen.

Eine lange Vorgeschichte


Vor etwa 3,2 Milliarden Jahren gab es weder im Meereswasser noch in der Atmosphäre molekularen Sauerstoff, also O2. Vermutlich zu dieser Zeit entstanden die ersten Einzeller, die eine sogenannte oxygene Photosynthese treiben konnten, das heißt, eine Photosynthese bei der O2 entsteht. Sehr wahrscheinlich waren diese Einzeller sogenannte Cyanobakterien. Der produzierte Sauerstoff konnte sich zunächst über hunderte von Millionen Jahren mit anderen chemischen Stoffen verbinden, etwa Eisenionen, organischen Stoffen oder Schwefelwasserstoff. Erst als diese Stoffe alle durch Oxydation (Verbindung mit Sauerstoff) aufgebracht waren, konnte sich der Sauerstoff in Form von O2-Molekülen im Wasser und der Atmosphäre anreichern. Das war dann der Beginn der Großen Sauerstoffkatastrophe von rund 2,4 Milliarden Jahren. Eine der Produkte dieser Zeit vor der Großen Sauerstoffkatastrophe war das Bändereisenerz ↗

Der Sauerstoff als Klima-Killer


Für fast alle Lebensformen war Sauerstoff damals ein extremes Umweltgift. Das Vorhandensein von O2 im Wasser führte zu einem ersten großen Massenaussterben in der Erdgeschichte unter den damaligen Einzellern. Desweiteren oxidierte der Sauerstoff Methan aus der Atmosphäre zu CO2 und Wasser. Da Methan ein extrem viel stärkes Treibhausgas ist als CO2, wurde es auf der Erde deutlich kühler, vermutlich bis hin zu einer vollständigen Vereisung (Snowball-Earth). Die Eiszeit dauerte mehrere hundert Millionen Jahren. Lies mehr dazu unter huronische Eiszeit ↗

Die Sauerstoffkatastrophe als Metapher für die Klimakatastrophe?


Als die ersten Einzeller begannen, Sauerstoff über die Photosynthese zu produzieren, war Sauerstoff ein hochgefährliches Umweltgift. Es zerstörte einerseits direkt Organismen, andererseits führte es zu einer dramatischen globalen Vereisung und entzog darüber vielen Lebensformen die Grundlage. Im Rückblick lässt sich die ungehemmte und letztendlich selbstzerstörerische Nutzung der Photosynthese durch Einzeller mit der ungehemmten und selbstzerstörerischen Nutzung fossiler Brennstoffe durch den Menschen vergleichen. Auch wir zerstören dadurch unsere eigenen Lebensgrundlagen in großem Umfang. Dennoch: erst durch die große Sauerstoffkatastrophe wurde der nächste Evolutionsschritt möglich gemacht: die Entwicklung mehrzelliger Tiere im Zuge der kambrischen Artenexplosion. In der Evolution waren es große Katastrophen, die zu großen Neuerungen führten[1]. Bleibt man bei der Analogie zwischen der großen Sauerstoffkatastrophe vor zweieinhalb Milliarden Jahren und der heutigen Klimakatastrophe, könnte man schließen, dass auch jetzt viele Individuen und Kulturen ausgelöscht werden, und eine komplett neue Lebensumwelt entsteht. Aber möglicherweise eröffnet das Lebens- oder Kulturformen erst die Entwicklungsmöglichkeit, die es ohne die Katastrophe nie geben hätte. Als Beobachter, der sozusagen über den Jahrmillionen schwebt, ließe sich auch einer Klimakatastrophe etwas Positives abgewinnen. Aber aus der Sicht eines Menschen, der sich und seinen Nachfahren eine angenehme Welt wünscht, wirkt das Szenario von Fortschritt durch Katastrophen sehr bedrohlich. Siehe auch Erderwärmung ↗

Fachliteratur