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Flächenkrümmung und Winkelsummen


Physik


Basiswissen


Dass die Summe der Innenwinkel in einem Dreieck immer exakt 180° gilt nicht immer. Bereits der Mathematiker Gauß zweifelte die Gültigkeit an. Gründe für diesen Zweifel und Konsequenzen für unser Weltbild sind hier erklärt.

Winkelsummen: was sie Aussagen


Legt man ein Blatt Papier flach auf einen Tisch und zeichnet man dann verschiedene Dreiecke auf das Papier, kann man für jedes Dreieck die drei Innenwinkel an den Ecken mssen. Aus den drei gemessenen Winkel kann man dann die Summe bilden, die drei Winkel also aufaddieren. Hat man genau genug gemessen, wird man immer auf Werte nahe 180° kommen. Nahe nur deshalb, weil jede Messung immer mit Fehlern behaftet ist. Das Geodreieck kann leicht verbogen sein, das Dreieck ist nicht sauber gezeichnet. Oder das Papie hat sich wegen Feuchtigkeit oder Wärme leicht verzogen. Doch zeigt die Erfahrung, dass mit zunehmender Messgenauigkeit der Wert für die Summe immer zuverlässiger nahe bei 180° liegt. Man deutet die Abweichungen als fehlerhafte Messung und formuliert allgemein: für ein Dreieck ist die Summe seiner drei Innenwinkel immer 180°. So wie für Dreiecke kann man auch für Vier-, Fünf- oder Sechsecke solche Sätze formulieren. Für Beispiele dazu siehe unter Winkelsummen ↗

Eine Überprüfung per Versuch: die 180° bei Dreiecken


In den Jahren von 1818 bis 1826 führte der Mathematiker und Landvermesser Carl Friedrich Gauß (1777 bis 1855) eine Vermessung des damaligen Landes Hannover durch. Dabei vermass er auch das Große Dreieck zwischen drei gut erkennbaren Berggipfeln: dem Brocken, dem Hohen Inselberg und dem Hohen Hagen. Die Seitenlängen des Dreiecks waren jeweils 69, 85 und 107 Kilometer. Gauß hatte äußerst sorgfältig gemessen und stellte fest, dass die Abweichungen der Winkelsumme von 180° unterhalb der Messgenauigkeiten lag. Das wurde so gedeutet, als wollte Gauß damit überprüft haben, ob unser Raum ein euklidischer Raum ist[1, Seite 22]. Tatsache ist: auch bei großen Dreiecken auf der Erde fand man keine Abweichung für die Innenwinkelsumme von Dreiecken ↗

Gilt die 180°-Regel auch auf Kugeloberflächen?


Die drei Innenwinkel eines Dreiecks ergeben immer ziemlich genau 180°: das haben alle ausreichend sorgfältigen Messungen bisher immer wieder bestätigt. Das gilt jedoch nur flache Dreiecke. Um zu verstehen, wann die Winkelsumme auch mehr oder weniger als 180° ergeben kann, kann man zunächst ein Gedankenexperiment machen. Man stelle sich vor, man lebe auf der Oberfläche einer Kugel. Diese Oberfläche sei alles was man von der Welt kennt und wahrnehmen kann. Man lebt dann sozusagen in einer zweidimensionalen Welt. Von einem Raum und einer Kugel weiß man dann nichts. Nun zeichnet man auf der Oberfläche dann verschiedene Punkte und verbindet sie mit den kürzestmöglichen Linien. So entsteht ein Dreieck. Misst man die Innenwinkel an diese Dreieck und addiert sie auf, so ergibt die Summe mehr als 180°. Solche auf Kugeloberflächen gezeichnete Dreiecke nennt man sphärisch. Das Gebiet der Mathematik, das sich mit solchen Gebilden beschäftigt ist die sphärische Geomtrie. Man kann nun festhalten: auf flachen Flächen gezeichnet scheint die Innenwinkelsumme von Dreiecken immer 180° zu ergeben, aber nicht mehr für gekrümmte Flächen wie die Oberfläche einer Kugel. Man unterscheidet also flache und gekrümmte Flächen, für die dann auch unterschiedliche Regeln gelten.

Verallgemeinerung: der gekrümmte Raum


Wir haben im Abschnitt zuvor gesehen, dass die Innenwinkelsumme von Dreiecken auf flachen Flächen immer 180°, auf gekrümmten Flächen davon aber abweichen kann. Diesen Gedanken überträgt man nun rückwärts gedacht auf den Raum, in dem wir leben, sozusagen das Welt oder unser Universum: sollte man hier Dreiecke finden, deren Innenwinkelsumme nicht 180° ergibt, müsste man auf einen gekrümmten Raum schließen, ansonsten bliebe man bei der bisherigen Annahme eines ebenen oder flachen Raumes. Ein Dreieck im Raum meint dabei: drei Punkte als Ecken mit den kürzestmöglichen Strecke als Verbindung zwischen diesen Ecken. Siehe auch Raumkrümmung ↗

Fußnoten