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Energon


Evolutionsökonomik


Basiswissen


Der Deutsche Biologe und Tauchpionier Hans Hass stellte 1970 eine Theorie vor, in der ökonomische Strukturen und Objekte funktional mit biologischen Organen und Prozessen gleichstellt. Die Grundidee, dass ein dauerhaftes Überleben für alle Strukturen nur dann möglich ist, wenn sie ständig ihr Energiesaldo verbessern oder mindestens halten können. Ein Energon ist dabei ein „arbeitsteiliges Gefüge“. Das ist hier weiter erklärt.

Energon: Beispiele



Energon: Definition


Hass definiert Energon zu Beginn des Buches "Energon" im ersten Kapitels über die Zuschreibung verschiedener Merkmale[1, Seite 2]:


Hass unterstreicht an verschiedenen Stellen, dass die positive Bilanz freier Energie das wesentliche Abgrenzungsmerkmal der Energone ist. Hass lehnt es ab, wie es verschiedene Autoren[3] taten, Atome, Moleküle, Kristalle und Planetensysteme mit menschengemachten Organisationen zu vergleichen. Hass schreibt: "Hier zieht der Energonbegriff eine klare Grenzlinie. Kein Atom, kein Molekül, kein Kristall und kein Planetensystem ist so beschaffen, daß es das eigene Potential an freier Energie zu erhöhen imstande ist. Das ist die große Kluft, welche die anorganischen von den organischen Ordnungen trennt."[1, Seite 27]

Energon: Eigenschaften


Zellen, Pflanzen, Tiere, Berufs- und Erwerbskörper: "Jedes Energon ist ein arbeitsteiliges 'Gefüge'. Es besteht aus funktionellen Einheiten, die durch ihr Zusammenwirken eine aktive Energiebilanz erzielen. Bei den höheren Pflanzen und Tieren sind diese untergeordneten Einheiten Gewebe und Organe. Beim Berufstätigen treten zu den natürlichen Organen seines Körpers noch künstlich geschaffene Einheiten (Werkzeuge, Einrichtungen und ähnliches) hinzu. [Einleitung]. Siehe dazu auch die Definiton von Organ ↗

Energone und evolutionäre Transitionen


Hans Hass sieht einen "hierarchischen Stufenbau", der der Entfaltung und Entwicklung der Energone zugrunde liegen soll: "Die erste Hauptstruktur, zu der sie gelangten, war die Zelle, die nächsthöhere der vielzellige Organismus. In diesen beiden Bereichen kann man, je nach Erwerbsart, von Pflanzen oder Tieren sprechen. Der Mensch - aus dem Tierreich hervorgehend - erweiterte dann seinen genetischen Körper, bildete mit Hilfe von zusätzlichen Einheiten Berufskörper. Diese sind bereist die nächsthöhere Integrationsstufe. Aus Berufskörpern setzen sich die Erwerbsorganisationen zusammen, deren weitere Stufen schließlich im 'modernen Staat' oder im 'Staatenbund' ihre höchste Entwicklungsform finden." Kritisch betrachtet wurden solche Stufenbauten von dem Niederländer Akkerhuis, der aber letztendlich zu sehr ähnlichen Sichten gelangt wie auch Hass[2]. Mehr zu stufenartig wachsender Komplexität unter evolutionäre Transitionen ↗

Wirtschaft & Biologie


"Man hält es heute für eine Selbstverständlichkeit, daß die vom Menschen geschaffenen Berufsstrukturen und Betriebe etwas grundsätzlich anderes sind als die tierischen und pflanzlichen Körper." [...] "In diesem Buch soll gezeigt werden, daß unser Denken uns hierin täuscht". [Einleitung]

Ewige Konkurrenz


Die Tiere und Pflanzen wie auch alle vom Menschen geschaffenen Erwerbsstrukturen müssen aber nicht nur im Durchschnitt mehr Energie einnehmen, als diese Einnahme sie selbst kostet, sondern sie müssen darüber hinaus auch konkurrenzfähig sein." [...] "ein Konkurrenzkampf der Energieanwärter, der über deren Sein oder Nichtsein entscheidet." [Einleitung]. Dieser Gedanke spielt auch eine zentrale Rolle im Denken des Ökonomen Joseph Schumpeter ↗

Der Staat als Wesen


"Von der Energontheorie her sellt sich das Phänomen 'Staat' als ein Gemisch von vier verschiedenen Grundstrukturen dar. [...] der Staat als Gemeinschaftsorgan, als Berufskörper, als Erwerbsorganisation und als Erwerbsorgan. [Kapitel III Die vier Gestalten des Staates]. Dieser Gedanke wurzelt tief in Theorien des 19ten Jahrhunderts, auf die sich Hass auch immer wieder ausdrücklich bezieht organische Theorie ↗

Freier Wille


Hass gesteht dem Menschen eine Freiheit in der Wahl seiner Ziele zu, nicht aber in der Erreichbarkeit: "Ist unser Wille frei?" Darüber ist schon viel diskutiert worden. Von der Energontheorie her verliert jedoch diese erbitterte Auseinandersetzung wesentlich an Schärfe. Ob frei oder nicht frei - das Ergebnis unseres freien Willens ist nicht frei. Ob wir so oder anders handeln, die Strukturen, zu denen wir gelangen, sind weitgehend vorgezeichnet. Sie werden von anderswo diktiert. Die gesamte menschliche Machtentfaltung ist Bestandteil eines größeren Vorganges, der vom ersten Augenblick an nie Herr seiner selbst war." [Kapitel II Grenzen des Willens]. Der Mensch wird also zum Objekt der ihn umgebenden Strukturen. Siehe auch Soziointegrative Degeneration ↗

Fußnoten