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Brandbrief 2017


Mathematik


Basiswissen


Am 17. März 2017 veröffentlichten rund 130 Hochschulprofessoren und andere Fachpersonen einen öffentlichen Brandbrief[1] über den schlechten Zustand der mathematischen Vorbildung von Studenten. Der Adressat waren die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz sowie andere Entscheidungsträger. Gegenstand des Schreibens waren vermeintlich abnehmende Mathematik-Fähigkeiten seitens der Studienanfänger.

Der Vorwurf


Die Unterzeichner beschrieben einen starken Rückgang der mathematischen Fähigkeiten von Studienanfängern in technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen. Studienanfängern "fehlen Mathematikkenntnisse aus dem Mittelstufenstoff, sogar schon Bruchrechnung(!), Potenz- und Wurzelrechnung, binomische Formeln, Logarithmen, Termumformungen, Elementargeometrie und Trigonometrie." Die Defizite seien auch in Vor- oder Brückenkursen nicht mehr aufholbar. Dies sei umso mehr eine Enttäuschung auch für die Studenten, da sie oft mit guten Mathenoten ein Studium aufgenommen hätten. Nachgewiesenermaßen entscheide gerade der Mittelstufenstoff über den Studienerfolg in den MINT-Fächern.

Die Ursachen


Die Ursache für die Defizite sehen die Autoren im Konzept der Kompetenzorientierung. In der Schule würde auf jeder Doppelseite im Buch ein neues Thema begonnen, alles ähnele einem kaleidoskopartigen Panorama ohne roten Faden. Alles werde nur häppchenweise und ohen Vernetzung angeboten.

Die Lösung



Beispiele



Bewertung seitens einer Lernwerkstatt


Seit 2010 unterrichten wir die Fächer Mathematik, Physik und Chemie in der Mathe-AC Lernwerkstatt in Aachen. Wir stimmen dem Schreiben oben voll zu. Wir sehen die Dramatik eher sogar noch schärfer. Viele unserer Schüler sind hoch interessiert an der Mathematik, mindestens normal begabt und viele schreiben oft auch dauerhaft akzeptable bis gute Noten. Und dennoch sehen wir, wie auch für sie die oben beschriebenen Defizite zutreffen. Der Befund des Brandbriefes spiegelt sich in unserer Alltagspraxis wider:

Kein Zahlenverständnis


Ein Schüler im Abiturjahrgang kann mit Hilfe eines GTR problemlos berechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, beim 10-maligen Werfen einer Münze genau 4 mal Kopf zu werfen. In der entsprechenden Arbeit schrieb er eine 2+. Derselbe Schüler konnte aber selbst nach längerem Überlegen nicht sagen, wie viele 6er man bei einem normalen Würfel bei 200 Würfen erwarten kann.

Eine Schülerin der Klasse 12 kann mit Hilfe eines GTR schnell und sicher eine Kurvendiskussion durchführen, auch für transzendente Funktionen. Ohne GTR gelingt es ihr auch nach längerem Überlegen nicht, den Funktionswert für x=0,25 der Funktion f(x)=1/x zu bestimmen.

Es fehlen gut Bücher


Was uns im täglichen Unterricht fehlt sind Zeit und Ruhe, die Grundlagen zu trainieren und zu wiederholen. Die Kinder klagen häufig darüber, dass ständig neue Sachen kämen und sie keinen Zusammenhang erkennen. Zudem fehlen solide Mathematikbücher. In den Büchern findet man kaum mehr kleinschrittige Erklärungen. Aus unserer Sicht ideal wäre ein Standardwerk, das die Schüler über alle Schuljahre hinweg begleitet (wie es etwa in Singapur der Fall ist). Siehe auch Mathematik Lehrbücher ↗

Zerstörte Freude


Besonders betonen möchten wir, dass so gut wie alle Schüler in den Klassen 1 bis 4 in hohem Maße an Mathematik und Sachwissen interessiert sind. In den Klassen 5 bis 9 erfolgt dann ein drastischer Einbruch. Am Ende wollen viele Physik so schnell wie möglich abwählen und Mathematik nur noch "weghaben". Der Grund ist nicht in den Kindern zu sehen. Es ist die Frustration über einen zerrissenen und überambitionierten Schulstoffe, die ihnen die Freude genommen hat. Wir hoffen, dass Brandbriefe wie der oben beschriebene eine möglichst große Wirkung haben.

Fußnoten