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Bewusstsein (Naturwissenschaftlich)


Fragen


Basiswissen


Ist Bewusstsein stückelbar? Braucht es Zeit zur örtlichen Verlagerung? Erfasst es schlagartig große Raumbereiche? Solche auf Messung abzielende Fragen standen oft am Anfang einer naturwissenschaftlichen Betrachtung eines Phänomens. Bevor im 19ten Jahrhundert die großen Theorien der Elektrodynamik entstanden, erstellten viele hunderte Wissenschaftler endlos lange Tabellen und Liste von Messwerten. In diesem Sinne stehen hier einige Fragen zum Bewusstsein, die zumindest theoretisch durch Messung und Beobachtung beantwortet werden könnten.

a) Ist Bewusstsein mengenmäßig fassbar?


Am Anfang jeder Messung: die Frage nach Einheit: kann man Bewusstsein als Menge messen, das heißt quantifizieren? Kann man zum Beispiel sinnvoll sagen, dass zwei Mäuse auch doppelt so viel Bewusstsein haben wie eine Maus? Oder kann es sein, dass ein Mensch zum Beispiel die 100fache Menge an Bewusstsein hat wie ein Papagei? Was wäre dann eine geeignete physikalische Einheit des Bewusstseins? Ein Descartes? Welche Bedeutung hätte dann ein Halbes Descartes oder 12,2 Descartes? Siehe auch Quantifizieren ↗

b) Ist Bewusstsein eine Erhaltungsgröße?


Masse oder Energie, der physikalische Impuls sowie die elektrische Ladung gelten in der Physik und Kosmologie als sogenannte Erhaltungsgrößen: über das gesamte Universum betrachtet können sie weder mehr noch weniger werden. Gilt das auch für das Bewusstsein? Gibt es im Universum eine begrenzte „Menge“ an Bewusstsein? Falls das so ist, könnte das bei der Frage helfen, wo man Bewusstsein vermuten kann? Tritt Bewusstsein möglichst in Verbindung mit solchen Strukturen auf, mit denen es möglichst effektiv wirksam werden kann? Siehe auch Erhaltungsgrößen ↗

c) Braucht Bewusstsein Materie?


Kann Bewusstsein ganz ohne eine materielle Grundlage bestehen (Freiseele)? Oder ist Bewusstsein notwendigerweise an Materie gebunden, etwa an ein Gehirn? Die Idee eines Bewusstseins ganz losgelöst von jeder materiellen Grundlage bezeichnet man als Freiseele ↗

d) Kann Bewusstsein Materie beeinflussen?


Können bewusste Vorgänge den physikalischen Gang der Materie beeinflussen? Kann ein Gedanke die neuronalen Zustände in einem Gehirn verändern? Die zentrale Frage in diese Zusammenhang ist Freier Wille ↗

e) Ist Bewusstsein physikalisch träge?


Materie widersetzt sich einer Änderung ihres momentanen Bewegungszustandes mit Hilfe der sogenannten Trägheitskräfte. Materie braucht also für Beschleunigung immer eine äußere Kraft und auch Zeit. Gilt dasselbe auch für Bewusstsein? Angenommen, man könnte ein Gehirn in eine Gedankenexperiment beliebig schnell beschleunigen. Würde das Bewusstsein diese Beschleunigung immer mitmachen? Oder würde sich das Bewusstsein irgendwann als zu träge ablösen? Siehe auch Trägheit ↗

f) Ist Bewusstsein lokal fokussiert oder global verteilbar?


Das Bewusstsein eines Menschen scheint eng mit den neuronalen Zuständen seines individuellen Gehirns verbunden zu sein. Änderungen an den Luftmolekülen direkt in Gehirnnhe nimmt man nicht direkt bewusst wahr sondern nur über den Umweg der Sinnesorgane, die letztendlich wieder mit neuronalen Zuständen zusammenhängen. Kann ein Bewusstsein (etwa eines Menschen) nur einen begrenzt großen Raumbereich erfassen? Oder könnte Bewusstsein theoretisch auch große Raumregionen zu einem individuellen Erleben verbinden? Fall Bewusstsein lokal begrenzt ist, warum und nach welchen Kriterien? Die Frage wird interessant im Zusammenhang mit Spekulationen über ein reales globales Netz als erwachende irdische Intelligenz. Siehe dazu den Artikel zum Global Brain ↗

g) Bringt mehr Materie auch mehr Bewusstsein?


Spinnen scheinen zu träumen[1]. Dass sie irgendeine Form von Bewusstsein haben könnten ist zumindest vorstellbar. Doch können sie auch so nuancierte Gefühle haben wie Wehmut, Nostalgie oder Ehrfurcht? Bringen komplexere Lebensformen auch ein reicheres Bewusstsein mit Zuständen hervor, die anderen - niederen - Bewusstseinsstufen fehlen? Folgt das Bewusstsein so etwas wie einem Stufenbau der Materie ↗

h) Welchen evolutionären Nutzen bringt Bewusstsein?


Evolutionsbiologen gehen oft davon aus, dass auf lange Sicht die Evolution nur Eigenschaften in Organismen erlaubt, die entweder einen evolutionären Vorteil bringen oder zumindest keinen Nachteil. Welchen evolutionären Vorteil könnte Bewusstsein für Organismen haben? Siehe auch Darwinismus ↗

i) Kann Materie überladen werden?


Bei multiplen Persönlichkeiten oder sogenannten Split-Brain Patienten scheinen in ein und demselben Kopf mehrere Persönlichkeiten zu leben. Wenn das real zuträfe, dass also mehrere Ichs in Form getrennter Bewusstseinsinstanzen mit der Biologie eines Kopfes verbunden sind, kann es dann sein, dass ein Objekt der materiellen Welt (z. B. ein Molekül, eine Zelle) in einer gleichzeitigen kausalen Beziehung mit mehreren Instanzen von Bewusstsein stünde? Das würde formal ähnliche Fragen aufwerfen wie die gleichzeitige Bearbeitung eines Datenbankinhaltes durch mehrere Benutzer. Siehe mehr zu diesem Gedanken im Artikel kollaborative Physik ↗

j) Ist Bewusstsein körnig?


Der Quantenphysiker Erwin Schrödinger nahm an, dass es Bewusstsein nur einmal im Universum gibt. Dazu passe die Tatsache, dass es für das Wort Bewusstsein keine Mehrzahl, also keinen Plural gibt. Man spricht normalerweise nicht von Bewusstseinen. Dagegen spricht die Alltagserfahrung, dass man Bewusstsein nicht teilen kann. Man kann nicht direkt das Innenleben einer anderen Person erfassen. Bildet möglicherweise ein Ich-Kern eine Art Kristallisationskeim für getrennte Instanzen von Bewusstsein? Wie soll man das in der Sprache der Physik fassen. Könnte eine Übertragung der Identitätsfrage von Quantenobjekten hier helfen? Siehe dazu auch Bewusstseinsinsel ↗

Fußnoten